Spritze und Impfstofffläschchen
Adobe Stock/Daniel CHETRONI
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Coronavirus

Vergleichsstudien: Impfstoffe im Wettkampf

Je mehr Impfstoffe zugelassen sind, desto schwieriger wird es für Hersteller die Wirksamkeit ihrer Produkte nachzuweisen. In Vergleichsstudien muss gezeigt werden, dass der Impfstoff genauso gut beziehungsweise besser ist als bereits am Markt etablierte.

Vier Impfstoffe sind derzeit in der EU zugelassen. Bei vier weiteren läuft ein sogenanntes rollierendes Verfahren; die Zulassung des Impfstoffes wird gerade von der Europäischen Arzneimittel-Agentur überprüft. Darüber hinaus befinden sich jedoch noch mehr als einhundert Covid-19-Impfstoffe in klinischen Studien.

Klassische Wirksamkeitsstudien

Klassischerweise werden dafür zuerst Verträglichkeit und Dosierung getestet, bevor in Phase III dann die Wirksamkeit anhand einer größeren Gruppe von Freiwilligen erprobt wird. Ein Teil bekommt den Impfstoff, der andere einen Scheinimpfstoff, ein sogenanntes Placebo. Doch Menschen weiterhin ein Placebo zu verabreichen, wenn es bereits wirksame Impfstoffe gibt, ist ethisch bedenklich.

Zudem wird es längerfristig in den Industriestaaten auch schwierig werden Menschen zu finden, die noch nicht immun sind, sagt die Virologin Christina Nicolodi. Ein Problem, das in dieser Weise auch bei Influenza bestehe.

Vergleichendes Studiendesign

Gibt es bereits eine anerkannte Therapie, ein Medikament oder eine Impfung, am Markt, dann wechselt man auf sogenannte Vergleichsstudien, erklärt Stefan Kähler, Vorsitzender des Komittees für klinische Forschung bei der Pharmig Österreich. „Das heißt, man vergleicht sich gegen einen bereits genehmigten oder zugelassenen Stoff, der die absolute Wirksamkeit schon gezeigt hat.“

Die Pharmaforschung sei umfassenden Regularien unterworden, wie etwa den Evaluierungskriterien der EMA. Diese sehen vor, dass neue Produkte gleich gut oder besser sind als die etablierten Therapien. „Es geht hier immer um Verbesserung“, sagt Kähler. „Ich muss besser sein in Wirksamkeit und Verträglichkeit oder zumindest nicht schlechter.“ Der Impfstoffhersteller Valneva hat diesen Nachweis nach Eigenangaben Mitte Oktober erbracht. In Stufe drei seiner klinischen Tests wurde der eigene Impfstoff VLA2001 gegen AstraZenecas Vaxzevria verglichen.

Solche Vergleichsstudien seien zwar ein erprobtes Instrument in der Medikamentenzulassung, sagt die Virologin Christina Nicolodi. Ihre wissenschaftliche Aussagekraft sei aber begrenzt. Der Nachweis, dass ein Impfstoff einen höheren Antikörperspiegel hervorrufe als ein anderer, bedeute beispielweise nicht, dass der ursprüngliche Impfstoff nicht auch schütze. „Nur weil ich mehr Antikörper produziere, bin ich nicht automatisch besser. Ich müsste wissen, wo liegt denn der Schwellenwert, ab dem es tatsächlich wichtig ist, drüber zu kommen?“

Immunkorrelat: Ein Antikörper-Mindestwert

Ein Schwellenwert, der bei Sars-CoV-2, anders als etwa bei Influenza, noch nicht bekannt ist. Erste Versuche solch einen Schwellenwert aus den Daten publizierter klinischer Impfstoffstudien abzuleiten, gibt es bereit. Ließe sich ein Grenzwert bestimmen, könnte das die Entwicklung weiterer Impfstoff erleichtern, argumentiert auch der Virologe Florian Krammer in „Nature Medicine“.

Wird die Immunität gegen Sars-CoV-2 messbar, kann man sich bei der Zulassung neuer Impfstoffe an diesem Wert orientieren. Dass weiterhin neue Covid-19-Impfstoffe entwickelt und auf den Markt gebracht werden sollten, davon ist Stefan Kähler überzeugt. Mehr Impfstoffe würden mehr Diversität bedeuten. „Ein Produkt ist vielleicht nicht lieferbar oder ein Produkt ist z.B. in einem bestimmten Land nicht zugelassen. Und auch für den Patienten bedeutet ein größeres Sortiment mehr Auswahl.“