Schimpanse beim Nüsse zerkleinern
Kathelijne Koops, Nature Human Behaviour
Kathelijne Koops, Nature Human Behaviour
Werkzeuggebrauch

Schimpansen lernen von Artgenossen

Auch Schimpansen verwenden Werkzeuge, etwa um Nüsse zu knacken. Diese Technik müssen sie allerdings von Artgenossen lernen und entwickelt sich nicht spontan. Das zeigen Feldexperimenten. Sie legen nahe, dass die kulturelle Aneignung ähnlich wie bei Menschen eine wichtige Rolle spielt.

Menschen haben eine Kultur, die sich ständig weiterentwickelt und immer effizienter und komplexer wird. Viele der Errungenschaften sind dem sogenannten kumulativen Kulturprozess zu verdanken – der Fähigkeit, Wissen von einer Generation an die nächste weiterzugeben, es zu erweitern und zu vertiefen. Noch ist in der Fachwelt umstritten, ob dieser kumulative Kulturprozess nur den Menschen eigen ist oder nicht.

Die Studie eines Teams um die Primatenforscherin und Anthropologin Kathelijne Koops von der Universität Zürich deutet nun darauf hin, dass Schimpansen tatsächlich auch kulturelle Errungenschaften anhäufen könnten. Dies schließen die Forscher aus Beobachtungen von wildlebenden Schimpansen in den Wäldern der Nimba-Bergkette im Südosten Guineas. Von den Erkenntnissen berichten sie nun im Fachmagazin „Nature Human Behaviour“.

Keine spontane Innovation

In Feldexperimenten legten Koops und ihre Kollegen den Schimpansen geschlossene sowie bereits geöffnete Nüsse vor. Ebenfalls präsentierten sie ihnen Steine, die zwei in der Nähe lebende Schimpansengemeinschaften zum Knacken von Nüssen verwenden. Mit Kamerafallen beobachteten sie anschließend während mehr als einem Jahr, ob sich auch die Nimba-Schimpansen die Nussknack-Technik aneignen – also ob das bloße Präsentieren von Nüssen und Steinen ausreicht, um Innovation hervorzubringen.

Doch es zeigte sich: „Obwohl sich die Schimpansen zunächst durchaus für die Nüsse und Werkzeuge interessierten, verloren sie relativ schnell das Interesse und widmeten sich wieder der Fellpflege ihrer Artgenossen“, sagte Koops. Keines der Tiere versuchte demnach, eine Nuss mit den Steinen zu knacken. Und zwar unabhängig von den jahreszeitlich verfügbaren Mengen an anderen Nahrungsmitteln wie Ameisen, reifen Früchten und Blättern.

Reicht nicht für Komplexeres

Nur sechs Kilometer entfernt leben hingegen Schimpansen, die ständig Nüsse knacken – die Bossou-Gemeinschaft. Weil es bis vor nicht allzu langer Zeit noch einen Genfluss zwischen Nimba- und Bossou-Schimpansen gab, schließen die Forscher aus, dass die genetische Veranlagung für das Nussknacken fehlen würde. Das wahrscheinlichste Szenario sei, dass das Nussknacken in den Wäldern der Nimbas ausstarb, weil es dort schlicht nicht viele Nüsse zu knacken gebe.

So faszinierend der Werkzeuggebrauch bei Schimpansen und anderen Menschenaffen ist, so kommen sie doch nicht über simple Techniken hinaus. Anders als es der Mensch geschafft hat. Koops geht davon aus, dass das bloße Beobachten von Artgenossen bei immer komplexer werdenden Techniken nicht mehr ausreicht, um Wissen zu akkumulieren. „Beispielsweise half den Menschen die Sprache, ihr Wissen gezielter an andere weiterzugeben“, so die Forscherin.

Dennoch: Beruhend auf den Studienergebnissen sei es sehr wahrscheinlich, dass Schimpansen zumindest die Grundzutaten für kumulative Kulturprozesse besitzen würden und diese nicht dem Menschen vorbehalten seien.