Ein älterer Mann und eine jüngere Frau gehen Hand in Hand, beide haben gerade Sport gemacht
Kostiantyn – stock.adobe.com
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Soziologie

„Nach oben heiraten“ ist gesund

Gebildete Menschen sind tendenziell gesünder als weniger gebildete, nicht zuletzt, weil sie mehr Geld haben. Doch Bildung wirkt sich nicht nur auf die eigene Gesundheit positiv aus. Laut einer neuen US-Studie leben auch Ehepartner gesünder – und vor allem Ehepartnerinnen.

Wen man heiratet, könne eine wichtige Frage für die eigene Gesundheit sein, sagt die Soziologin und Studienautorin Elaine Hernandez von der US-Universität Bloomington. „Wenn ich beispielsweise einen Bachelorabschluss habe und mein Ehepartner einen Doktor- oder Professoren-Abschluss gemacht hat, hat das laut unseren Ergebnissen ähnlich positive Konsequenzen für die eigene Gesundheit, als hätte ich selbst diesen Bildungsgrad“, so die Forscherin gegenüber science.ORF.at.

Gebildete leben gesünder

„Wir wissen, dass der Effekt der eigenen Bildung auf die Gesundheit sehr stark ist,“ so Hernandez. Zahlreiche Studien belegten, dass höher gebildete Menschen etwa weniger rauchen, sich eher impfen lassen, sich gesünder ernähren und sich bis zu fünf Mal gesünder fühlten als weniger gebildete. „Es ist ein bisschen eine Verkettung von Umständen, die dazu führt. Deine Bildung bestimmt deinen Job. Der Job bestimmt deinen Verdienst, dieser wiederum, wo du lebst und wie gesund du dich ernähren kannst“, so die Soziologin.

Zusammen mit ihrem Mann und einer Doktorandin hat Hernandez nun in einer im „Journal of Health and Social Behavior“ erschienenen Studie untersucht, ob diese Effekte der Bildung auf die Gesundheit nicht nur bei einem selbst auftreten. „Wir wussten zwar bereits, dass die Bildung des Partners einen Einfluss auf die eigene Gesundheit haben dürfte,“ so die Forscherin. Doch es blieb stets eine Frage offen: ob man sich nicht einfach unbewusst einen Partner aussucht, der einem ähnlich ist – auch in puncto des Gesundheitszustandes.

Um diese Unsicherheit zu umgehen, hätte man sich für ein spezielles Studiendesign entschieden: „Aus der Psychologie kennt man Designs, wo man Zwillinge hat, die man dann über eine lange Zeitperiode verfolgt und später schaut, was aus ihnen geworden ist.“ Zwillinge waren zwar nicht Bestandteil bei der aktuellen Studie, dafür aber Geschwister. Auch bei ihnen wisse man, dass sie sich recht ähnlich sind, und könne dadurch gut ausschließen, dass es andere Faktoren sind, die einen Zusammenhang erklären. Beispielsweise auch die Auswahl der Partner.

Über Jahrzehnte untersucht

Für Ihre Studie zogen sie deshalb ein großes Datenset aus dem US-Bundestaat Wisconsin herbei. Dort machten über 10.000 Schüler und Schülerinnen im Jahr 1964 Angaben zu ihrem Schulabschluss und bis 2011 immer wieder zu verschiedensten Themen – etwa zu ihrer Bildung und darüber, wie gesund sie sich fühlten. Bei rund 1.700 von ihnen wurden auch die Geschwister, die Ehepartner und die Ehepartner der Geschwister befragt.

Die Ergebnisse zeigten, dass die Ehe mit einem höher gebildeten Partner tatsächlich mit der Zeit zu einer besseren gefühlten eigenen Gesundheit führt. Ob diese Ehepartnerinnen und Ehepartner tatsächlich gesünder sind, hat die aktuelle Studie nicht untersucht. Auch nicht den Mechanismus der „Gesundheitsübertragung“ in der Ehe.

Elaine Hernandez stellt aber auf früheren Studien basierende Vermutungen an: Man habe mehr Ressourcen, gesund einzukaufen, lebe in einer gesünderen Gegend und motiviere sich gegenseitig. „Bei uns in der USA kommt noch dazu, dass die Partner dadurch überhaupt erst Zugang zum Gesundheitssystem bekommen,“ so die Forscherin.

Frauen profitieren mehr

Eine Auffälligkeit in den Daten stellt der Geschlechterunterschied dar: Bei Frauen war der Effekt, dass sie von ihren gebildeten Männern profitieren, höher als umgekehrt. Das liege vor allem daran, dass Männer historisch gesehen nach wie vor mehr ökonomische Ressourcen haben, von welchen Frauen dann auch mehr profitieren könnten.

Hier könne man in Zukunft bei weiterer Forschung ansetzen, so Hernandez. Auch müsse man diversere Stichproben untersuchen. „Wir haben hier nur heterosexuelle, weiße Ehepaare untersucht,“ sagt sie. Allerdings seien es gerade gesellschaftlich stigmatisierte Gruppen, die von solchen Effekten besonders profitieren könnten.