Tibet, Gletscher, Asien, Hochasien
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Gefährlicher Anstieg von Gletscherseen

Wegen der Klimaerwärmung könnte das das Wasservolumen in den Gletscherseen Hochasiens noch im Laufe dieses Jahrhunderts um das bis zu Zehnfache ansteigen – mit gefährlichen Folgen, wie eine Modellrechnung zeigt.

Der Klimawandel führt zum Gletscherschwund. Und wo Gletscher schmelzen, können Gletscherseen entstehen – oftmals mit sehr instabilen Ufern und großem Gefahrenpotenzial. Als Folge von Dammbrüchen und durch Flutwellen nach Lawinenabgängen und Felsstürzen können sich enorme Wassermassen ins Tal ergießen, die noch viele Kilometer stromabwärts große Zerstörungskraft besitzen.

Modellrechnungen, die mit neuesten Daten von einem Forschungsteam der Universität Innsbruck und der Humboldt-Universität zu Berlin durchgeführt wurden, zeigen: In den Gebirgen Hochasiens könnten sich als Folge des Klimawandels derart viele neue Gletscherseen bilden, dass sich das in ihnen enthaltene Wasservolumen im Verlauf dieses Jahrhunderts gegenüber heute verzehnfachen könnte. Hochasien umfasst das Hochland von Tibet und die umliegenden Gebirge, in denen sich alle Sieben- und Achttausender der Welt befinden.

Erstmals „eisdynamisches Modell“ verwendet

Der Glaziologe Fabien Maussion vom Innsbrucker Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften modellierte die Gletscherentwicklung für die Studie. Dabei wurde erstmals ein „eisdynamisches“ Modell verwendet. „Das heißt, dass wir eine physikalische Simulation der Bewegung des Gletschereises durchführten. Dadurch wird ersichtlich, wie und wo sich der jeweilige Gletscher zurückziehen wird“, so Maussion.

Der Klimaforscher ist federführend engagiert in der Anwendung und Weiterentwicklung des „Open Global Glacier Model“ (OGGM) in Innsbruck. Dabei handelt es sich um das erste offen zugängliche globale Modell zur Simulation der Entwicklung aller Gletscher weltweit. Es sei in der Lage, vergangene und künftige Massenbilanzen, das Volumen und auch die Geometrie von fast jedem Gletscher der Erde darzustellen.

Eindämmung des CO2-Ausstoßes wesentlich

„Dass die zunehmende Gletscherschmelze mehr Gletscherseen entstehen lassen wird, ist seit langem bekannt. Das enorme Ausmaß und der genaue Verlauf dieser Zunahme wird jedoch erst jetzt deutlich“, wurde Wilhelm Furian, Stipendiat der Studienstiftung des Deutschen Volkes und Doktorand am Geografischen Institut der Humboldt-Universität sowie Erstautor der im Fachmagazin „Frontiers in Earth Science“ erschienenen Studie, zitiert.

Die Ergebnisse sollen nun dazu dienen, auf regionaler und lokaler Ebene zu untersuchen, welche dieser zukünftigen Seen besonders gefährlich werden könnten. Dann seien langfristig in Zusammenarbeit mit den Menschen an Ort und Stelle Anpassungsstrategien und Maßnahmen zu entwickeln, die helfen, den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen. Die Erkenntnisse, die aus jenen hochaufgelösten Modelle gezogen wurden, zeigen klar: Die Eindämmung des CO2-Ausstoßes ist wesentlich. „Wir können noch gegensteuern“, so Maussion: „Es spielt eine entscheidende Rolle, ob die Welt einen nachhaltigen Weg einschlägt oder weiterhin ungebremst fossile Brennstoffe nutzt“.