Bergung des Unterwasserfahrzeugs des Monterey Bay Aquarium Research Institute (MBARI) nach einer erfolgreichen Mission zur Kartierung des Meeresbodens im Arktischen Ozean
Charlie Paull © 2016 MBARI
Charlie Paull © 2016 MBARI
Umwelt

Tauender Permafrost baut Meeresboden um

Nicht nur auf dem Festland, auch unter Wasser ist Permafrost zu finden – hartgefrorener Boden, der allerdings immer schneller auftaut. Ein Forschungsteam dokumentierte nun erstmals, wie sehr sich der Meeresboden der Arktis dadurch bereits verändert hat.

Mit Unterwasserfahrzeugen und einer speziellen Technologie zur Kartierung unter Wasser konnte das Team des Monterey Bay Aquarium Research Institute (MBARI) drastische Veränderungen am Meeresboden festhalten, die noch dazu sehr rasch voranschreiten. Durch das Auftauen des submarinen Permafrosts bildeten sich in manchen Gegenden des Arktischen Ozeans demnach tiefe Dolinen im Meeresboden. Einige dieser trichterförmigen Vertiefungen sind größer als ein Häuserblock mit sechsstöckigen Gebäuden. Und in anderen Gebieten erhoben sich eisgefüllte Hügel aus dem Boden. Die Studie wurde im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ veröffentlicht.

Schäden an Infrastruktur in der Arktis

Dass das Auftauen des Permafrosts auf dem Festland negative Auswirkungen auf wichtige arktische Infrastruktur wie Straßen, Bahngleise, Gebäude und Flughäfen hat, sei bereits durch mehrere Studien belegt, so das Forschungsteam des MBARI. Bereits jetzt sei die Reparatur der Schäden kostenintensiv, zudem müsse davon ausgegangen werden, dass die Auswirkungen auf die Infrastruktur noch weiter zunehmen.

Doline am Rand des arktischen Schelfs, Grafik, Monterey Bay Aquarium Research Institute
Eve Lundsten © 2022 MBARI
Die Kartierung zeigt eine massive Doline, die sich innerhalb von nur neun Jahren entwickelt hat

„Wir wissen, dass in der gesamten arktischen Landschaft große Veränderungen stattfinden, aber dies ist das erste Mal, dass wir mithilfe von Technik sehen können, dass diese Veränderungen auch unter Wasser geschehen“, sagt Charlie Paull, Geologe bei MBARI und einer der Hauptautoren der Studie. Die Forschung habe gezeigt, wie das Auftauen von submarinem Permafrost erkannt und auch überwacht werden könne.

„Kein Erwärmungstrend am Meeresboden feststellbar“

Während der Abbau des Permafrosts auf dem arktischen Festland auf die vom Menschen verursachte Erderhitzung zurückzuführen ist, stammen die Veränderungen unter Wasser von viel älteren, langsameren klimatischen Veränderungen. „Es gibt nicht viele Langzeitdaten für die Meeresbodentemperatur in dieser Region, aber die Daten, die wir haben, zeigen keinen Erwärmungstrend", sagt Paull. Die Veränderungen des Meeresbodens werden stattdessen durch Wärme angetrieben, die in sich langsam bewegenden Grundwassersystemen transportiert wird.

Batagai-Permafrost-Abbruch in Sibirien
Alfred-Wegener-Institut / Thomas Opel
Vergangenes Jahr wurde in Sibirien der älteste Permafrostboden entdeckt

Beim Permafrost handelt es sich um Böden und Gesteine, die permanent gefroren sind, teilweise bis zu mehrere hundert Meter tief. Sie kommen vor allem in Nordamerika und Sibirien, aber auch in Hochgebirgen vor und konservieren wie eine gigantische Kühltruhe riesige Mengen abgestorbener Biomasse, vor allem Pflanzenreste, aber auch Überreste von Tieren der letzten Eiszeit wie Mammut oder Wollnashorn.

Temperaturen im Permafrost auf Rekordwerten

Der Permafrostboden taut an vielen Orten Schicht für Schicht auf. In Regionen mit Dauerfrostböden vor allem in Alaska, Kanada und Sibirien wirkt sich die Klimaerhitzung laut Expertinnen und Experten deutlich stärker aus als in vielen anderen Erdteilen. Nach Angaben des Weltklimarats IPCC sind die Temperaturen im Permafrost in den vergangenen 40 Jahren auf Rekordwerte gestiegen – nach Millionen von Jahren mit Temperaturen wie in einer Kühltruhe. Taut der Permafrost auf, werden Bakterien aktiv, welche die uralte Biomasse abbauen und durch ihren Stoffwechsel die Klimagase Kohlendioxid und Methan freisetzen. Der Treibhauseffekt könnte sich dadurch noch verstärken.

Eine weitere aktuelle Studie zeigt, dass auch die Permafrostgebiete in nordeuropäischen Mooren bald an einen kritischen Punkt geraten könnten: Tauen diese Böden großflächig, dann können große Mengen an Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4), die in den Mooren enthalten sind, freigesetzt werden, warnen Forscherinnen und Forscher im Fachmagazin „Nature Climate Change“. Diese würden wiederum die Klimakrise befeuern.