Schwanzflosse eines Blauwals
AP Photo/Stocktrek Images
AP Photo/Stocktrek Images
Akustik

Wale mit Glasfaserkabeln belauschen

Trotz ihrer Körpergröße sind Wale in den Weiten der Weltmeere oft schwer zu fassen. Norwegische Forscherinnen und Forscher haben nun eine neue Möglichkeit gefunden, die scheuen Riesen großflächig zu überwachen: Sie belauschen Bartenwale im arktischen Meer mit Hilfe von Glasfaserkabeln.

Um Wale zu beobachten, setzt man bisher vor allem auf örtliche Sichtungen. Ihre Gesänge werden mit einzelnen Unterwassermikrophonen aufgezeichnet. Seit einigen Jahren kommen auch Satellitendaten zum Einsatz, um die schwer fassbaren Meeressäugetiere und ihre Wanderungen systematisch zu überwachen, hochauflösende Kameras machen das möglich. Die neue Methode, die von Léa Bouffaut, mittlerweile an der Cornell University, und einem Team der norwegischen Universität für Wissenschaft und Technik getestet wurde, könnte nun auch großflächig akustische Daten liefern.

Satelliten des Ozeans

Genutzt werden bereits existierende Glasfaserkabel auf dem Meeresgrund. Durch eine Technik, die Geräusche und Vibrationen aus Lichtimpulsen ausliest (Distributed Acoustic Sensing), werden ungenutzte Glasfasern zu einer Art Unterwassermikrophon.

Laut Bouffaut liegen die Vorteile auf der Hand: Glasfaserkabel gibt es heute in allen Weltmeeren. Zudem sei die Technik im Vergleich zu herkömmlichen Unterwassermikrophonen, die immer nur punktuelle Aufnahmen machen können, sehr günstig. Das neue System ließe sich flächendeckend einsetzen und man könnte damit extrem genau bestimmen, wo sich Wale und Walgruppen aufhalten. „Das könnten die Satelliten des Ozeans werden", meint Bouffaut in einer Aussendung zu der nun im Fachmagazin „Frontiers of Marine Science“ erschienenen Studie.

Der erste Test fand bei der norwegischen Inselgruppe Spitzbergen statt, wo zum Beispiel Bartenwale wie der Blauwal im Sommer jagen. Dort konnte das Team 120 Kilometer Glasfaserkabel nutzen, die von einem geschützten Fjord ins offene Meer reichen. 40 Tage lang wurde das Meer mit den vielen „Hydrophonen“ belauscht. Dabei fiel eine ordentliche Menge an Daten an. Pro Tag waren es etwa sieben Terabytes. Die Auswertung war entsprechend mühsam.

Dennoch entdeckten die Forscherinnen und Forscher anhand typischer Muster und Frequenzen bekannter Walklänge Rufe verschiedener Wale. Insgesamt konnten sie 830 Vokalisierungen eindeutig identifizieren. In Zukunft könnte man diese Suche mit Hilfe intelligenter Algorithmen beschleunigen und automatisiert ablaufen lassen.

Nützliches System

Laut Bouffaut ist ein solches System in der Arktis besonders nützlich. Hier verlaufe die Erderwärmung zwei- bis dreimal schneller als im Durchschnitt. Wenn das Eis schmilzt, könne sich dadurch das Verhalten der Wale ändern. Außerdem nimmt der Schiffsverkehr zu, was für die Meeressäuger eine zusätzliche Gefahr bedeutet. Mit einer Echtzeitauswertung der Daten aus den Glasfaserkabeln ließe sich auch ein Warnsystem installieren, das Auskunft gibt, wo sich die Tiere gerade befinden und so Kollisionen vermeiden.

Aber auch für andere Geräusche bzw. Schwingungen ließe sich die akustische Meeresbeobachtung mittels Glasfaserkabel einsetzen, schreiben die Studienautorinnen und -autoren, beispielsweise für Erdbeben oder Tropenstürme, die Tausende Kilometer entfernt sind.