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pixel-shot.com (Leonid Yastremskiy)
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Studie

Die Formel für ruhigen Babyschlaf

„Warum schläft mein Baby nicht?“: Schon seit Jahrzehnten arbeitet sich die Ratgeberliteratur an dieser Frage ab, nach einer Antwort suchen viele Eltern aber immer noch. Ein Forschungsteam aus Japan hat sich dem Thema nun aus wissenschaftlicher Sicht genähert – und eine simple Formel aufgestellt, die Babys in den Tiefschlaf befördern soll.

Die meisten Eltern kennen das: Kaum legt man das schlafende Baby sanft auf dem Bett ab und schleicht auf Zehenspitzen davon, macht es die Augen auf und beginnt zu weinen. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom japanischen RIKEN-Institut für Hirnforschung haben untersucht, was es braucht, damit Babys nicht nur einschlafen, sondern auch ohne Unterstützung weiterschlafen.

Das Ergebnis der Studie, die im Fachjournal „Current Biology“ veröffentlicht wurde, ist eine fast schon zu einfach klingende Formel: Fünf Minuten in gleichmäßigem Tempo umhertragen, dann acht Minuten im Sitzen festhalten – legt man das Baby danach auf dem Bett ab, sind die Chancen laut dem Forschungsteam um Kumi Kuroda groß, dass das Baby weiterschläft.

Herzschlag der Babys reagiert sofort

21 Säuglinge und ihre Mütter nahmen an dem Experiment teil (die Studienautorinnen und -autoren gehen aber davon aus, dass die Ergebnisse genauso für Väter und andere Bezugspersonen gelten). Die Mütter versuchten, ihren Kinder auf verschiedene Arten in den Schlaf zu helfen: Sie trugen die Babys umher, hielten sie im Sitzen, legten sie in eine sanft schaukelnde Wiege, einen Kinderwagen und in ein Bett.

Grafik Babys Schlafen Formel
Current Biology/Ohmura et al.
Fünf Minuten gehen + acht Minuten sitzen = entspannter Babyschlaf

Während all dieser Aktivitäten wurden sie gefilmt und die Herzfrequenz der Säuglinge mittels Elektrokardiogramm (EKG) aufgezeichnet. So konnten die Forscherinnen und Forscher Veränderungen im Verhalten und in der Herzfrequenz mit großer Genauigkeit verfolgen. Es zeigte sich, dass die Babys extrem empfindlich auf jede noch so kleine Bewegung ihrer Mütter reagierten. So stieg ihre Herzfrequenz etwa schon, wenn die Mutter sich beim Herumtragen umdrehte oder stehen blieb.

Halten alleine ist zu wenig

Trugen die Mütter die weinenden Babys umher, beruhigten sich diese innerhalb von etwa 30 Sekunden, und ihre Herzfrequenzen verlangsamten sich. Alle Babys hatten nach dem fünfminütigen Spaziergang aufgehört zu weinen sowie eine verminderte Herzfrequenz, etwa die Hälfte schlief bereits. Einen ähnlich guten Beruhigungseffekt hatten die sanft schaukelnde Wiege und der ebenfalls bewegte Kinderwagen.

Weitaus weniger effektiv war es, wenn die Mutter das Baby im Sitzen hielt oder es in das Bett legte. Dann stieg die Herzfrequenz und das Weinen hielt an. Ein weiteres Ergebnis der Studie: Umhertragen wirkte nur bei weinenden Babys als Einschlafhilfe. Waren die Babys davor bereits ruhig (aber wach), blieb dieser Effekt aus.

Vater hält Baby im Arm, daneben die Mutter
alfa27 – stock.adobe.com
Ohne Körperkontakt schlafen viele Babys nur ungern ein

Den beruhigenden Effekt der Bewegung erklärt das Forschungsteam mit der „Transportreaktion“ – ein angeborener Effekt, der sich bei vielen jungen Säugetieren beobachten lasse, die noch nicht in der Lage seien, für sich selbst zu sorgen, etwa auch bei Mäusen und Affen. Die Jungtiere beruhigen sich, und ihre Herzfrequenz sinkt, wenn sie aufgehoben und herumgetragen werden.

Schlafdauer vor dem Ablegen entscheidend

Die größte an der Herzfrequenz ersichtliche Störung für die Babys in der Studie war jener Moment, in dem sie auf das Bett gelegt wurden. Versuchten die Mütter, ihre Kinder direkt nach dem Einschlafen abzulegen, wurde mehr als ein Drittel innerhalb von 20 Sekunden wieder wach. „Der Schlüsselparameter für das erfolgreiche Ablegen des Babys ist die Zeitspanne, die es schon schläft“, erklärt Kuroda. War diese kürzer als acht Minuten, wachten die Babys häufig kurz nach dem Ablegen wieder auf.

Sie sei selbst Mutter von vier Kindern und war dennoch überrascht über das Ergebnis der Studie: „Ich dachte, das rasche Aufwachen hängt damit zusammen, wie das Baby auf das Bett gelegt wird: Ob die Bewegung sanft genug ist und in welcher Position es hingelegt wird.“ Eltern handeln oft intuitiv oder befolgen Ratschläge, die sie von anderen gehört haben – um das komplexe und vielfältige Verhalten eines Babys zu verstehen, so Kuroda, brauche es aber auch die Wissenschaft.