Korallenriff in Ägypten
AFP/KHALED DESOUKI
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Umwelt

Nachhaltiges Korallenwachstum braucht Zeit

Weltweit machen steigende Meerestemperaturen und immer häufiger auftretende Extremwetterereignisse Korallenriffen zu schaffen. Um sich zu erholen, brauchten sie Zeit. Die Klimaerwärmung schreitet jedoch schneller voran, als sich Korallen anpassen können.

Bereits im Jahr 2035 könnte die Hälfte aller Korallenriffe verschwunden sein, weil sie ungeeignete Lebensbedingungen vorfinden. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie. Durch den Klimawandel steigt die Meerestemperatur, die Ozeane versauern und auch tropische Stürme treten häufiger auf. All das stresst die Korallen. Sie bleichen aus und sterben ab. Zwar können sich Korallenriffe erholen, diese Erholung ist aber nicht immer nachhaltig.

Vollständige Erholung braucht Zeit

Diesen Sommer wurde der stärkste Korallenbewuchs seit mehreren Jahrzehnten beim Great Barrier Reef festgestellt. Verantwortlich dafür ist die schnell wachsende Steinkorallenart Acropora. Da sich Korallen über Larven vermehren, die als Plankton im Meer treiben, können abgestorbene Riffe schnell wieder besiedelt werden, erklärt Miriam Pfeiffer, Professorin für Paläontologie und Historische Geologe an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.

Bis ein Riff wiederhergestellt ist, dauere es jedoch rund zehn Jahre. „Das Hauptproblem ist, dass Extremereignisse aufgrund der Klimaerwärmung immer häufiger auftreten, und zwar so häufig, dass die Spanne unterschritten wird, die das Riff braucht, um sich wieder komplett zu erholen“, sagt die Paläontologin. Ähnliches gelte für Riffneubildungen. Zwar könnten Korallen, wenn sich die Meere erwärmen, nach Norden bzw. Süden ausweichen, das sei aber ein Prozess, der hunderte von Jahren dauere. „Man kann Riffe, die man durch die Erwärmung in den Tropen verliert, nicht so schnell woanders aufbauen.“

Steinkorallen als Klimaarchiv

Um Klimaveränderungen nachzuvollziehen, nutzt Miriam Pfeiffer Steinkorallen. Diese schnell wachsenden, tropischen Warmwasserkorallen haben dichte Bänder, ähnlich wie Baumringe. Daraus kann die Forscherin die Temperatur ablesen und sie sieht Extremwetterereignisse. Korallen sind stark an die Temperatur angepasst, die am jeweiligen Standort vorherrscht. Wird es zu warm, kann die Koralle nicht wachsen; sie bildet kein Skelett aus. „Die Korallenbleiche tritt auf, wenn die Sommertemperaturen ein Grad höher ist als die normale Sommertemperatur an dem Standort, wo die Korallen wächst.“

Erdgeschichtliche Beispiele

Der Blick in die Erdgeschichte zeige, dass es Riffe gab, die sich wieder erholt haben, andere hingegen seien nach einem Klimaumschwung komplett verschwunden. „Entscheidend dafür ist eigentlich immer die Geschwindigkeit der Veränderung“, berichtet die Paläontologin. „Aktuell haben wir eine sehr schnelle Erwärmung. Diese Erwärmung ist einfach sehr viel schneller als evolutive Anpassung.“

Die Korallen im Pleistozän, also im Zeitabschnitt vor der Jetztzeit, waren robuster und besser an warme Temperaturen angepasst. Dass sie zurückkommen, glaubt Miriam Pfeiffer jedoch nicht. Um zu überleben, müssen Korallen zukünftig nicht nur mit Extremwetterereignissen, sondern auch mit dem bevorstehenden Meeresspiegelanstieg zurechtkommen. Das können die „alten“, temperaturrobusteren Arten nicht, denn sie wachsen langsam. Steigt der Meeresspiegel würde ihnen schnell das Licht für die Photosynthese fehlen.