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bittedankeschön – stock.adobe.c
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„City Nature Challenge“

Neue Raubwanzen in Österreich

Vier Tage lang sind für die „City Nature Challenge“ wildlebende Tiere sowie wildwachsende Pflanzen und Schwammerln fotografiert worden. Ziel des weltweiten Citizen-Science-Projekts ist, die globale Artenvielfalt zu dokumentieren. Nun liegen erste Auswertungen vor – mit einem Neunachweis für Österreich, eine Raubwanzenart.

Dieses Jahr ging das kollektive Artenbeschreiben in die achte Runde – science.ORF.at hat berichtet. 482 Orte weltweit, so viele wie noch nie, nahmen an der „City Nature Challenge“ teil. Bei dem Citicen-Science-Projekt werden Menschen dazu aufgerufen, Tier- und Pflanzenarten in ihrer Umgebung zu fotografieren und auf einer Meldeplattform, etwa iNaturalist und Observation.org, hochzuladen.

Das Ergebnis: 65.000 Beobachterinnen und Beobachter generierten mehr als 1,8 Millionen Fotos – mit einer beachtlichen Artenzahl von knapp 60.000.

Raubwanze erstmals in Graz gesichtet

Wie schon in den vergangenen Jahren konnte auch diesmal eine neue Art in Österreich nachgewiesen werden – und zwar wie schon im Vorjahr in Graz: Zelus renardii, eine Raubwanzenart, für die es noch keinen deutschsprachigen Namen gibt. Ihr Vorkommen ist ursprünglich aus Nord- und Mittelamerika bekannt. Als Neozoon, also eingeschleppte Tierart, macht sie sich seit einigen Jahren im Mittelmeerraum breit. Nun scheint ihr Ausbreitungsgebiet auch Österreich erreicht zu haben.

Blatttrichter-Attentäter
Valerian A. E. Staudinger
Zelus renardii

Graz konnte seinen Titel aus dem vergangenen Jahr zudem verteidigen und wurde erneut Europameister in der Kategorie „Registrierte Arten“. 3.306 Arten wurden in den vier Tagen der Challenge von 333 Beobachterinnen und Beobachtern gefunden. Weltweit bedeutete das sogar den fünften Platz, dicht gefolgt von Salzburg auf Rang sieben.

Erster bei der „City Nature Challenge“ wurde die bolivianische Hauptstadt La Paz mit einer Registrierung von 4.677 Arten. Im Europa-Ranking wurde Salzburg zweiter, knapp vor Wien, das es mit dem vierten Platz unter die Top fünf schaffte.

Bemerkenswerter Fund in Wien

Neben Zelus renardii konnten in der Steiermark auch eine Laufkäfer- und eine Scheinbockkäferart, sowie ein Pilz und eine Buckeltanzfliege (Allanthalia pallida) erstmals nachgewiesen werden. Zudem gab es 39 weitere Funde EU-geschützter Arten, wie etwa der prächtig in rot gekleidete Scharlachrote Plattkäfer, der vor allem totholzreiche und feuchte Wälder bevorzugt.

Buckeltanzfliege
Stefan Kunz
Plattkäfer
Roman Burgsteiner
Plattkäfer

In Wien ließ sich das Kleine Sumpfhuhn im innerstädtischen Wienerbergteich vor der Kameralinse blicken. Der im hohen Schilf versteckt lebende Zeitgenosse ist in Wien selten und sonst eher im Nationalpark Lobau anzutreffen. Zwei weitere Fleischfliegenarten konnten als Erstnachweise für Wien festgehalten werden: Sacrophaga hirticrus und Sacrophaga noverca. Und auch der Kreuz-Schneckenspringer, eine in Österreich sehr selten nachgewiesene Springspinne, wurde zum ersten iNaturalist-Eintrag in Wien.

Sumpfhuhn
Lorin Timaeus
Kleines Sumpfhuhn

In Innsbruck wurde der Ortolan gleich zweimal gesichtet. Der Zugvogel überwintert im subtropischen Afrika und kehrt erst im Spätfrühling zum Brüten in unsere Breiten zurück. Und auch zwei Rotfußfalken, die man ebenso selten in dieser Region zu Gesicht bekommt, konnten bei der „City Nature Challenge“ fotografiert werden.

Sensationsfund im Nationalpark Gesäuse

In den Wäldern des Nationalparks Gesäuse wurde ein Tier der ganz besonderen Art ausfindig gemacht: der Große Randkäfer, der zu den wenigen vorhandenen heimischen Urwaldreliktarten zählt – jenen Arten also, die in naturnahen Wäldern mit einem hohen und alten Totholzanteil vorkommen, und deren Bestände mittlerweile selten geworden sind.

Großen Randkäfer
Hannes Oberreiter
Großer Randkäfer

In Salzburg konnte das Vorkommen zweier Arten erstmalig bestätigt werden: ein Käfer namens Ipidia binotata und der Eichenblütenspanner. Letzterer benötigt vor allem im Puppenstadium Blüten und Blätter der Eichen als Nahrungsgrundlage.

Deutlicher Artenwandel spürbar

Eine wichtige Erkenntnis der „City Nature Challenge“ ist, dass fast alle naturschutzfachlich relevanten Arten ausschließlich in den meist kleinflächigen Schutzgebieten dokumentiert wurden. Der Lebensraum für viele Arten wird zunehmend kleiner und auch die Zusammensetzung der Arten ändert sich. Immer mehr eingeschleppte Arten bedrohen die heimische Flora und Fauna. Eine invasive Art ist etwa der Asiatische Marienkäfer, der dieses Jahr weitaus öfter fotografiert wurde als der heimische Siebenpunkt-Marienkäfer.

Citizen-Science-Projekte wie die „City Nature Challenge“ sind ein wichtiger Bestandteil zur Erhebung der Artenvielfalt der Erde. Sämtliche Daten werden digital gespeichert und können jederzeit für wissenschaftliche Zwecke abgerufen werden – ein länderübergreifendes Konzept von großer Bedeutung, gerade in einer Zeit, in der sich die natürliche Welt schneller im Wandel befindet als je zuvor.