Frauenhand mit Weinglas
Andrew Baker/stock.adobe.com
Andrew Baker/stock.adobe.com
Gesundheit

Warum ein wenig Alkohol das Herz schützen kann

Ein, maximal zwei kleine Gläser am Tag: Moderater Alkoholkonsum kann das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle verringern. Eine neue Studie bietet eine Erklärung, warum das so ist. Ihr zufolge reduziert der Alkohol den Stress im Gehirn – eine Aufforderung zu trinken, ist das freilich nicht.

„Wir empfehlen Alkoholkonsum nicht, um das Risiko von Herzerkrankungen zu verringern – denn Alkohol hat andere negative Auswirkungen auf die Gesundheit“, sagt Ahmed Tawakol, US-Kardiologe und Hauptautor der Studie, die soeben im „Journal of the American College of Cardiology“ erschienenen ist.

Daten von 50.000 Personen

Frühere epidemiologische Studien hatten darauf hingedeutet, dass leichter bis mäßiger Alkoholkonsum (ein Getränk pro Tag für Frauen, ein bis zwei für Männer) mit einem geringeren Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden ist. Es war jedoch unklar, ob das am Alkohol lag oder an anderen Faktoren, etwa dem allgemeinen Gesundheitsverhalten von mäßigen Trinkern und Trinkerinnen oder ihrem sozioökonomischen Status.

Um das zu unterscheiden, verglichen die Fachleute zuerst Daten von über 50.000 Personen. Ergebnis: Jene, die zwischen einem und 14 alkoholische Getränke pro Woche konsumierten, hatten ein deutlich geringeres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen als jene, die mehr tranken oder komplett abstinent blieben – und zwar auch nach Berücksichtigung von Faktoren wie Genetik und Lebensstil.

Weniger Stresssignale im Gehirn

In einem zweiten Schritt untersuchte das Team um Tawakol deshalb Gehirnbilder von rund 750 Personen. Dabei zeigte die Amygdala – jene Hirnregion, die stark an der Verarbeitung von Gefühlen beteiligt ist – bei moderaten Trinkern und Trinkerinnen deutlich weniger Stresssignale als bei anderen Personen. Sie hatten in ihrer Vorgeschichte auch deutlich weniger Herzinfarkte und Schlaganfälle. „Die Unterschiede im Gehirn erklärten eine großen Anteil der Schutzwirkung“, sagt Tawakol in einer Aussendung des Massachusetts General Hospital.

Dass Alkohol die Wirkung negativer oder bedrohlicher Reize im Gehirn verringern kann, ist seit Langem bekannt. Die aktuelle Studie sei aber die erste, die darauf hinweist, dass mäßiger Alkoholkonsum die Aktivität der Amygdala langfristig dämpfen kann – und das wirke sich deutlich auf das Herz-Kreislauf-System aus.

Sport oder Meditation statt Alkohol

„Wenn die Amygdala zu wachsam ist, ist das sympathische Nervensystem aktiver, was den Blutdruck in die Höhe treibt, die Herzfrequenz erhöht und mehr Entzündungszellen freisetzt", so Tawakol. „Wenn der Stress chronisch ist, führt dies zu Bluthochdruck, verstärkten Entzündungen und einem erheblichen Risiko für Dickleibigkeit, Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.“

Letzteres zeigte sich in der Studie vor allem bei Personen, die in ihrer Vorgeschichte unter Angstzuständen litten. Bei ihnen war die herzschützende Wirkung von leichtem Alkoholkonsum doppelt so hoch wie bei anderen Personen.

Eine Empfehlung für moderaten Alkoholkonsum ist das dennoch nicht, wie die Fachleute mehrfach betonen. Denn jede – auch geringe – Mengen Alkohol erhöhen etwa das Risiko für Krebs. Stressreduktion ist aber in jedem Fall eine gute Strategie. Statt zum Glas sollte man aber zu Alternativen greifen – etwa zu sportlichen Aktivitäten oder Meditation.