Renaturierungsgesetz

Experten erwarten schwierige Umsetzung

Die Zustimmung des EU-Parlaments zum Renaturierungsgesetz am Mittwoch wird von Forschern der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien grundsätzlich begrüßt, es gibt aber auch Skepsis. Die Experten warnen zudem, dass der Einfluss von nationalen Bemühungen und Widerständen in Österreich nicht zu unterschätzen sei.

Der Professor für Klimapolitik, Reinhard Steurer geht davon aus, dass der Gesetzesvorschlag in den kommenden Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten „vermutlich noch verwässert“ wird. Das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur sieht vor, dass jene Lebensräume in Europa, die in einem schlechten ökologischen Zustand sind, bis 2050 renaturiert werden. Zahlreiche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hatten dies vor der Abstimmung auch in einem offenen Brief gefordert.

Die nationale Umsetzung des Renaturierungsgesetzes wird in Österreich laut Steurer schwierig. Problematisch seien vor allem die föderalistischen Strukturen, die bei den Themen Natur- und Klimaschutz „extrem hinderlich“ seien. Der Experte rechnet „früher oder später mit einem Vertragsverletzungsverfahren“, weil die Bundesländer vermutlich die Verantwortung jeweils von sich abweisen würden und dadurch die Umsetzung von Renaturierungsmaßnahmen verzögert werde.

Laut Steurer spielt das Renaturierungsgesetz für den Klimaschutz jedoch „keine zentrale“ Rolle. Andere Teile des „Green Deals“, wie die Ausweitung des Europäischen Emissionshandelssystems, der ab 2026 geplante CO2-Grenzausgleichsmechanismus – eine CO2-Abgabe auf bestimmte Importe aus Drittländern – seien hier viel wichtiger als der CO2-Senkungseffekt, der durch die Renaturierung von Wäldern oder Mooren entsteht.

Das Gesetz zur Wiederherstellung der Natur sei hingegen eine zentrale Maßnahme gegen das „sechste Massenaussterben“ – so nennen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den aktuellen massiven Verlust der Artenvielfalt. „Die Biodiversitätskrise zu bekämpfen ist mindestens so wichtig wie Klimaschutz“, so Steurer im Gespräch mit der APA.

Konkrete Klimaschutzmaßnahmen „wünschenswert“

Klaus Hackländer, Leiter des Instituts für Wildbiologie und Jagdwirtschaft an der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien, erklärte gegenüber der APA, dass die Biodiversitätskrise auch in Österreich „ein Thema“ sei. Zwar sei das vollkommene Aussterben einer Art in Österreich noch nicht so häufig, aber die Populationen gingen jedenfalls zurück, wodurch die Anzahl der „gefährdeten Arten kontinuierlich steigt“.

Beide Experten betonen, dass diese Zielsetzungen der EU grundsätzlich zu begrüßen seien. Jedoch würden die Vorgaben der EU immer weniger als konkrete Maßnahmen beschrieben. Dies ist laut Steuer durchaus sinnvoll, da die Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich seien. Er merkte aber an, im Fall von Österreich „erweitert es den Spielraum, es nicht ernst zu meinen und so zu tun als ob“.

Gerade in der Bodenversiegelung und beim Klimaschutz kritisiert er die mangelnde Umsetzung ambitionierter Ziele. Konkrete Klimaschutzmaßnahmen wie ein EU-weites Tempolimit wären für Steurer wünschenswert, deren Umsetzung sieht er jedoch als unrealistisch, da es immer zahlreiche Mitgliedstaaten gebe, die konkreten Maßnahmen nicht zustimmen würden.