Neonsalmler
Aurélie Dupont
Aurélie Dupont
Verhaltensforschung

Auch Fische stellen sich an

Bewegen sich bestimmte Fischschwärme durch enge Räume, bilden sie eine Art Warteschlange, um nicht aneinanderzustoßen und die Öffnung nicht zu verstopfen. Das beobachtete ein Forschungsteam bei einer bekannten Zierfischart. Deren Evakuierungsverhalten ähnle dem von Ameisen – und stehe im Gegensatz zu jenem von Schafen und vielen Menschen.

Das Forschungsteam um die Biophysikerin Aurélie Dupont von der Universität Grenoble Alpes beobachtete dieses Verhalten an Schwärmen von Neonsalmlern, die durch eine schmale Öffnung schwimmen sollten. Der Süßwasserfisch ist im nördlichen und westlichen Amazonasgebiet verbreitet. Er gehört zudem – nach Goldfisch und Guppy – zu den am meisten verkauften Zierfischarten. Charakteristisch für den Neonsalmler ist sein blau-grüner Leuchtstreifen.

Für die Studie wurden die Fische in Gruppen von jeweils 30 Tieren in ein Becken gesetzt. Auf der einen Seite des Beckens wurde ein Netz bewegt, was die Tiere dazu veranlasste, durch eine Öffnung in einen anderen Teil des Beckens zu flüchten. In der Versuchsreihe variierte der Durchmesser dieses Schlupflochs zwischen eineinhalb und vier Zentimetern. Der Neonsalmler ist etwa einen halben Zentimeter breit und drei Zentimeter lang.

Vorbild für Schwarmintelligenz

Egal ob der Durchschlupf größer oder kleiner war: Die Fische versammelten sich um die Öffnung herum, schwammen der Reihe nach hindurch, und berührten einander dabei nie. Insgesamt deuten die Ergebnisse laut dem Forschungsteam darauf hin, dass Neonsalmler sich anstellen und warten, bevor sie durch enge Öffnungen entweichen, um Verstopfungen zu vermeiden. Dies ähnle dem in früheren Studien an Ameisen beobachteten Evakuierungsverhalten, stehe jedoch im Gegensatz zu dem in Schafherden und Menschenmengen beobachteten Verhalten, bei dem es häufig zu Verstopfungen komme.

Das Forschungsteam vermutet, dass das Verhalten der Fische in der Versuchsreihe auch das Verhalten von Schwärmen wilder Neonsalmler – Paracheirodon innesi – widerspiegelt, die in ihrer natürlichen Umgebung zwischen Felsen in Flüssen umherziehen. Die Erkenntnisse aus der Studie, die nun im Fachjournal „Scientific Reports“ erschienen ist, sollen laut dem Forschungsteam in der Entwicklung von selbstfahrenden Autos und von Schwarmrobotern, wie sie etwa in Lagerhallen zum Einsatz kommen können, genutzt werden.