Ultraschallgerät MIT an Person
Canan Dagdeviren
Canan Dagdeviren
Brustkrebs

Früherkennung durch „Ultraschall-BH“

Möglichst frühe Diagnosen sind für die Überlebenschancen bei Brustkrebs entscheidend. Ein tragbarer „Ultraschall-BH“ könnte in Zukunft die Untersuchung daheim ermöglichen – und damit die Früherkennung verbessern.

Es ist die häufigste Krebsart überhaupt – jede dritte Krebserkrankung in der Gesamtbevölkerung betrifft die Brust. In Österreich erkrankt jede 13. Frau im Laufe ihres Lebens an Brustkrebs. Bei einer Früherkennung liegt die Überlebensrate sehr hoch, das Sterberisiko nimmt jedoch – abhängig von Tumorart und Ausbreitungsstadium – meist mit der Größe des Tumors zu.

Das Gerät, das in einer neuen Studie im Fachmagazin „Science Advances“ beschrieben wird, erlaubt schon die Erkennung von Frühstadien. Es handelt sich dabei um eine Art löchrige Hartplastikschale, die mittels Magneten am BH befestigt wird und mit einem kleinen Tracker – einer Miniversion eines Ultraschallgeräts – verbunden ist. Die Handhabung ist einfach: Die Patientin fährt mit dem Tracker in einer S-förmigen Bewegung über das Pflaster, um Bilder aus verschiedenen Winkeln zu bekommen. An den entsprechenden Stellen ist Hautkontakt notwendig, dafür gibt es Löcher im Stoff. Für die Bedienung sei keine Expertise notwendig, erklärt Hauptautorin Canan Dagdeviren, Physikerin am Massachusets Institute of Technology (MIT). „Es ist tragbar, einfach zu verwenden und ermöglicht nutzerfreundliches Monitoring des Brustgewebes in Echtzeit.“

Ultraschallgerät MIT
Canan Dagdeviren
An der Schablone aus Hartplastik wird die kleine Sonde entlanggeführt

Besonders bei Intervallkrebs hilfreich

Die Auflösung entspricht laut den Fachleuten jener, die auch Standgeräte aus Diagnosezentren liefern. Das Gerät erlaube Untersuchungen bis zu acht Zentimeter Gewebetiefe. „Diese Technologie verspricht, die vielen Barrieren für die Früherkennung von Brustkrebs abzubauen, indem sie eine verlässliche, bequeme und weniger einschüchternde Untersuchung zulässt“, so Catherine Ricciardi, Ko-Autorin und Pflegedirektorin am MIT. Besonders für Risikopatientinnen könnte der „diagnostische BH“ ein häufigeres Screening ermöglichen. Dabei denken die Forscherinnen vor allem an Intervallkrebs – ein Tumor, der bei Risikopatientinnen in der Zeit zwischen zwei regelmäßig angesetzten Untersuchungen auftaucht.

Noch ist es notwendig, den kleinen Ultraschallscanner mit der herkömmlichen Maschine aus der Arztpraxis zu verbinden, um die Bilder zu erhalten. Künftig soll ein Gerät in der Größe eines Smartphones diese Aufgabe erledigen, damit der Scanner auch daheim bedient werden kann – an der entsprechenden Technik wird gearbeitet. Die Fachleute schätzen, dass der Apparat in drei bis vier Jahren am Markt sein wird.

Start-Up mit ähnlichem Gerät

Ganz neu ist diese Idee nicht, auch das US-amerikanische Start-Up iSono plant die Vermarktung eines mobilen Ultraschallgeräts für die Brust. Das in den USA bereits zugelassene Gerät ist zwar unabhängig von großen Standgeräten, aber insgesamt etwas sperriger als die Version des MIT. iSono verspricht, mit ihrer Technologie die Zugänglichkeit für Brustkrebsuntersuchungen zu verbessern – und kündigt in diesem Zug an, Länder des globalen Südens mit ihren Geräten versorgen zu wollen.

Die Fachleute verwenden in beiden Fällen künstliche Intelligenz, um die Diagnose zu unterstützen. Damit reihen sie sich ein in ein blühendes Forschungsfeld. Etwa das New Yorker Unternehmen Paige hat eine Software entwickelt, die beim Erkennen von auffälligen Gewebemustern helfen soll. Ähnliches bietet auch PathIA an, deren KI auch offenbart, wie sie zu ihrer Diagnoseempfehlung gekommen ist. Das soll die Interpretation für Ärztinnen und Ärzte vereinfachen.