Porträtfot des „Plagiatjägers“ Stefan Weber
Joachim Bergauer
Joachim Bergauer
„Plagiatsjäger“ Weber

18 Punkte für eine „andere“ Universität

Seit knapp 20 Jahren beschäftigt sich Stefan Weber mit Plagiaten, in der Rolle des „Plagiatsjägers“ hat er zahlreiche Prominente aus Politik und Wissenschaft überführt. In einem neuen Buch bietet er eine Art Best-of dieser Fälle und schlägt 18 Punkte für eine „andere“ Universität vor – von kürzeren Arbeiten bis zu verpflichtender Plagiatssoftware.

„Auf Plagiatsjagd" heißt das Buch, und von dem Begriff distanziert sich Stefan Weber zugleich. Denn „sie ist die falsche Metapher für das, was ich tue“, heißt es darin. „Ich sehe mich eher als Putzerfisch oder als Förster, der die kranken Bäume markiert.“

Und es wäre nicht Weber, wenn er nicht schon vor dem ersten Satz auf Konfrontationskurs ginge: Das Buch widmet er „all meinen überwiegend verbeamteten akademischen Verhinderern, denen ich zu gut war, die vor mir Angst hatten, warum auch immer“ – eine Anspielung darauf, dass ihm selbst Beschäftigungen an Unis nur selten gewährt bzw. häufig wieder beendet wurden. Bekannt wurde er durch das Aufgreifen von Plagiatsfällen, „inspiriert“ durch die nicht gekennzeichnete Übernahme von Textstellen aus seiner eigenen Dissertation Anfang der 2000er Jahre.

Prominente Liste

Es folgten Plagiatsvorwürfe zum Teil gegen prominente Persönlichkeiten wie den damaligen Wissenschaftsminister und heutigen EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP), Ex-Arbeitsministerin Christine Aschbacher (ÖVP, „Seepocken verlangsamen uns“), Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführer Thomas Drozda, Staatsoperndirektor Bogdan Roscic, Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und Simulationsforscher Niki Popper. Und es wäre nicht Weber, wenn im Buch nicht auch ein neuer Plagiatsvorwurf aufschlagen würde – diesmal gegen ÖBB-Chef Andreas Matthä.

Das Buch

Stefan Weber: „Auf Plagiatsjagd“, Edition Atelier, 216 Seiten (Leseprobe)

Gemeinsam haben diese „Fälle“, dass sie allesamt nicht zu einem Entzug akademischer Titel führten. Daneben gab es aber durchaus einige weniger bekannte Verfahren, in denen Doktorentitel kassiert wurden. Nebeneffekt für Weber: Die Anfragen für die von ihm angebotenen kommerziellen Plagiatsprüfungen häuften sich.

Lösungsideen: Kürzere Arbeiten, kreativere Themen …

Neben diesen Aufträgen widmet sich Weber unter anderem auf seinem Blog aber immer wieder auch „pro bono“ dem Thema „Gute wissenschaftliche Praxis“ (GWP). Im Buch schlägt er unter anderem vor, dass in allen Studienplänen eine verpflichtende Semesterwochenstunde zur Einführung in die GWP verankert werden müsse.

Darüber hinaus müssten Lehrende auch bei der Themenvergabe kreativer sein – durch kreativere Forschungsthemen würden Plagiate nahezu ausgeschlossen. Schließlich sollten die Arbeiten auch kürzer werden: „Wir brauchen in der akademischen Kultur dringend weniger dicke und weniger redundante, dafür aber spannendere Arbeiten mit mehr eigenen Überlegungen, neuen Ansätzen und Problemlösungen.“

… Software, klare Zitierregeln und Gesetze

Weiterer Vorschlag: Alle schriftlichen Arbeiten müssten mit einer Plagiatssoftware gecheckt werden – vom Bewerbungsschreiben auf eine Tutoriumsstelle bis zur Dissertation. Unis sollten außerdem zum Führen einer Plagiatsfallstatistik verpflichtet werden. Ein Anliegen sind Weber auch klare Zitierregeln, eventuell durch Einführung einer ÖNORM.

Auch gesetzlich muss seiner Meinung nach nachgeschärft werden – unter anderem durch klare Definition des „Plagiats“, dienstrechtliche Konsequenzen für Betreuer und Gutachtern bei übersehenen schwerwiegenden Plagiaten ab der Bachelorarbeit sowie die Einführung eines Straftatbestands Hochschulkorruption.

Ein Dorn im Auge ist Weber auch die Anonymität der Gutachten in Verdachtsfällen wissenschaftlichen Fehlverhaltens bzw. ebenso die mangelnde Kommunikation bei erwiesenen Fällen: „Die Öffentlichkeit hat ein Anrecht darauf, zu erfahren, welchem Wissenschaftler Fehlverhalten vorgeworfen wurde. Es werden umgekehrt ja auch Preise und Auszeichnungen von Wissenschaftlern kommuniziert.“