Baby lächelt und spielt mit Mobile
Serenkonata/stock.adobe.com
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Aha-Moment

Wie Babys entdecken, was sie bewirken

Am Anfang sind die Bewegungen von Babys mehr oder weniger zufällig. Aber schon mit wenigen Monate lässt sich eine bestimmte Absicht hinter manchen Aktivitäten erkennen. Experimente mit einem Mobile illustrieren nun, wie Säuglinge plötzlich erkennen, dass sie etwas bewirken können.

Mehr oder weniger zufällig entdeckte Carolyn Rovee-Collier vor gut 50 Jahren, dass schon sehr kleine Babys nicht die willenlose Geschöpfe sind, für die man sie damals gern noch hielt. Während die spätere Entwicklungspsychologin für Prüfungen lernte, beschäftigte sie ihren eineinhalb Monate alten Sohn mit ungewöhnlichen Mitteln. Sie hatte sein Bein mit einem Band an ein Mobile gebunden. Dabei stellte sie fest, dass er viel mehr strampelte als zuvor. Anscheinend hatte er entdeckt, dass er den Gegenstand durch seine Bewegungen zum Schaukeln bringen konnte.

Um ihre Vermutung zu testen, führte die US-Forscherin mehrere Experimente mit zehn Wochen alten Säuglingen durch. Tatsächlich verdoppelten bis verdreifachten diese ihre Bewegungen, sobald sie mit dem Mobile verbunden waren. Obwohl ihre Arbeit in Fachkreisen zuerst sehr umstritten war, konnte sie die Ergebnisse letztlich doch publizieren. Mittlerweile traut man kleinen Babys schon weitaus mehr zu und die „konjugierte Verstärkung“ – wie die Verbindung von Säugling und Mobile in der Fachliteratur heute heißt – wurde in zahlreichen Studien verwendet, etwa um die motorische Entwicklung, das Lernen und die Erinnerung in den ersten Lebensmonaten zu untersuchen.

Experimente mit Mobile

Das Team um Erstautorin Aliza T. Sloan von der Florida Atlantic University setzte für ihre soeben in den „Proceedings of the National Acadamy of Sciences“ erschienene Studie nun ebenfalls auf diese Methode. Im Mittelpunkt stand in diesem Fall der Erkenntnisfortschritt der Babys – der Übergang von spontanen zu absichtlichen Bewegungen, also wie und wann sie begreifen, dass sie selbst es in der Hand beziehungsweise „im Bein“ haben, ob sich das Mobile bewegt.

Versuchsanordnung: Baby verbunden mit Mobile
Florida Atlantic University
Versuchanordnung: Baby verbunden mit Mobile

Die Experimente mit 16 drei bis vier Monate alten Säuglingen gliederten sich in vier Phasen: In der ersten gab es keine Verbindung und das Mobile stand still. In der zweiten wurde das Mobile von einem Teammitglied bewegt. In der dritten waren die Beine des Babys dann mit dem Mobile verbunden. Zum Schluss wurde die Verbindung wieder gelöst und das Mobile stand erneut still. Dabei wurden alle Bewegungen der Beine und des Mobiles jeweils detailliert aufgezeichnet.

Erkenntnis hinter Aktivität

Die Aufzeichnungen zeigen, dass die Beinbewegung um etwa ein Drittel zurückgingen, sobald das Mobile von jemanden bewegt wurde – so als würde das Baby kurz innehalten, um das Schauspiel zu betrachten. In Phase drei bewegten sich die Säuglinge wie erwartet deutlich mehr als in der ersten Phase, aber erst nach etwa einer Minute. Und in der letzten Phase strampelten die Babys noch eine Weile weiter – so als würden sie darauf warten, dass sich das Mobile wieder bewegt. Laut dem Forschungsteam sind diese Muster ein Hinweis darauf, dass es sich bei den gekoppelten Bewegungen nicht einfach um einen Kreislauf aus Belohnung und Verstärkung handelt, wie vielfach angenommen wurde. Vieles spreche dafür, dass echte Erkenntnis hinter den kindlichen Aktivitäten steckt.

Babys am Mobile

Beinbewegungen bewegen Mobile

Pausen wichtig

Unter anderem lege die Art und Weise, wie aus dem zufälligen Strampeln eine Bewegung mit Absicht wird, nahe, dass die Säuglinge tatsächlich eine Art Heureka- oder Aha-Moment erleben. Im Wechselspiel zwischen Pausen und Strampeln wurden die Bewegungen von Mobile und Baby dabei immer koordinierter, wobei der Ablauf nicht bei allen Kindern gleich war. Bei manchen stieg die Anzahl der Beinbewegungen eher kontinuierlich, bei anderen schlagartig. Bei allen aber wurde aus einem zufälligen explorativen Verhalten mit der Zeit ein absichtsvolles. Insgesamt sei diese Dynamik nicht viel anders als bei Erwachsenen, die etwas Neues lernen, heißt es in der Studie.

Besonders wichtig für den Aha-Moment sind laut den Forschern und Forscherinnen die Pausen bzw. das Wechselspiel zwischen Aktivitätsschüben und Innehalten. „Beides liefert den Babys wertvolle Informationen“, erklärt dazu Hauptautor Scott Kelso in einer Aussendung. Auf diese Weise können die Babys spielerisch erkunden, welchen Effekte ihre Beinbewegungen auf das Mobile haben. Und letztlich erkennen, dass sie mit Absicht etwas bewirken beziehungsweise Dinge bewegen können.