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Luis – stock.adobe.com
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Biofilme in Bergseen zunehmend giftig

Biofilme sind dünne Mikrobenschichten, die in Bergseen Steine, Wasserpflanzen und den Boden bedecken. Aufgrund menschlicher Aktivitäten werden sie immer giftiger – und das hat großen Einfluss auf die Wasserqualität, wie eine Studie mit österreichischer Beteiligung zeigt.

Mittlerweile ist hinlänglich belegt, dass die Artenvielfalt, insbesondere im Süßwasser, aufgrund menschlicher Aktivitäten dramatisch abnimmt. Das wurde vor allem bei Tieren und Pflanzen dokumentiert, mikrobiellen Gemeinschaften wurde bisher aber noch wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei haben Mikroorganismen eine große Bedeutung für das Funktionieren von Ökosystemen.

So besteht der Biofilm, die schleimige Schicht auf verschiedenen Oberflächen in Gewässern, aus Milliarden Mikroorganismen. Diese Mikroben bilden nicht nur die Basis des Nahrungsnetzes im Wasser, sie reinigen dieses auch und entgiften es, indem sie organische Schadstoffe abbauen. Damit haben sie großen Einfluss auf die Wasserqualität.

Artenvielfalt in Mikrobenschichten nimmt ab

Ein Forschungsteam unter der Leitung von Dirk Schmeller und Hugo Sentenac vom Institut National Polytechnique de Toulouse in Frankreich, an dem auch Luca Zoccarato vom Institut für Computergestützte Biologie der Universität für Bodenkultur (BOKU) Wien und Forschende des deutschen Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) beteiligt waren, hat Biofilme in 26 Seen in den französischen Pyrenäen über fünf Jahre untersucht.

Die Studie erschien im Fachjournal „Water Research“. Sie zeigt, dass sich die Zusammensetzung der Biofilmgemeinschaften erheblich verändert und die beachtliche Artenvielfalt in den Mikrobenschichten im Laufe der Zeit abgenommen hat: Bestimmte Algen wie Cyanobakterien haben sich vermehrt, während andere Mikrobenarten, die eine gute Wasserqualität anzeigen, etwa Kieselalgen, abgenommen haben.

Auch Stausee Ottenstein belastet

Das Problem dabei: Einige Cyanobakterien bilden Cyanotoxine, die für Tiere und Menschen schädlich sind. Welche Auswirkungen die giftigen Cyanobakterien haben können, zeigte sich diesen Sommer etwa auch im Stausee Ottenstein im Waldviertel in Niederösterreich, wo aufgrund der Belastung mit Toxinen dieser Bakterien vom Baden abgeraten wurde.

Probleme mit Cyanobakterien waren bisher eher von Flachlandseen bekannt. Dort kommt es immer wieder zu Vergiftungen von Hunden und Wildtieren durch Cyanotoxine. In Bergseen könnten die Veränderungen in der Zusammensetzung des Biofilms "Kaskadeneffekte in Nahrungsnetzen hervorrufen und die Widerstandsfähigkeit des gesamten See-Ökosystems gefährden.

Vergiftungsrisiko für Tier und Mensch

Der Anstieg potenziell toxigener Cyanobakterien erhöht auch das Vergiftungsrisiko für Menschen, Haus-, Wild- und Nutztieren, die Bergseen nutzen", schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihrer Arbeit. Sie führen die Veränderungen in der Zusammensetzung des Biofilms auf mehrere gleichzeitig wirkende Faktoren zurück.

Konkret untersucht haben sie Schwankungen des pH-Werts und der Wasserhärte als wichtige Treiber. „Sie werden unter dem Einfluss des Klimawandels durch Auslaugung des Gesteins weiter zunehmen“, so Schmeller in einer Aussendung. Das Forschungsteam empfiehlt daher Managementstrategien zu entwickeln, um Bergseen von beeinflussbaren Stressfaktoren wie Fischbesatz und invasiven Arten zu entlasten.