Forstschülerin beim VR-Training mit VR-Brille
AIT/Christine Wahlmüller-Schiller
AIT/Christine Wahlmüller-Schiller
Studie

Virtual-Reality-Training macht Forstarbeit sicherer

Jeder dritte tödliche Arbeitsunfall passiert im Wald. Um die Sicherheit in der Forstwirtschaft zu erhöhen, wird nun zusätzlich auf ein Training in der virtuellen Welt gesetzt. Eine erste Studie zeigt: Die Simulation macht nicht nur Spaß, sie bereitet durchaus auch auf die Arbeit in der Praxis vor.

Gleich soll der Baum fallen. Bevor das passieren kann, sind jedoch viele Schritte notwendig: So wird der Stamm zuerst nur kurz angesägt, um festzustellen, ob er gesund ist. Wäre er nämlich teilweise vermodert oder hohl, könnte er letztlich ganz anders aufschlagen als geplant und im schlimmsten Fall Menschen verletzen.

Um Letzteres zu vermeiden, werden außerdem Warnschilder aufgestellt. Doch plötzlich steht ein Tourist in buntem Hemd und mit Fotoapparat in der Hand an genau jener Stelle, auf die gleich der tonnenschwere Baum niederkrachen soll. Mit einem Warnschrei wird er in letzter Sekunde gerettet.

Zum Glück war hier nie jemand in ernsthafter Gefahr: Das Szenario fand nur in der virtuellen Welt statt. Bei dem Projekt, das vom Austrian Institut of Technology (AIT) und der Förstlichen Ausbildungsstätte in Traunkirchen (FAST) initiiert wurde, wird mittels Gamification Forstarbeit trainiert. Und das mit nachweislich positivem Effekt für die Praxis, wie eine neue Studie belegt.

Gefährliche Forstarbeit

Daten des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) zeigen, dass rund 1.900 Unfälle jährlich bei Waldarbeiten passieren, wobei Sturz und Fall zu den häufigsten Ursachen zählen. „Der Wald ist ein besonderer Arbeitsplatz, und es gibt immer ein Gefahrenpotenzial, das nicht nur von fallenden Bäumen ausgeht. Es wird mit gefährlichen Geräten hantiert, wie der Motorsäge, aber auch Witterungen spielen eine große Rolle“, sagt FAST-Leiter Florian Hader.

Forstarbeiter mit Motorsäge
AIT/Christine Wahlmüller-Schiller
Das Virtual-Reality-Training soll auf das Arbeiten mit der Motorsäge in der Praxis vorbereiten

Außerdem wird das Arbeiten im Wald mit dem Klimawandel gefährlicher, denn die Wälder verändern sich: „Vor allem die Schadholzaufbereitung zählt zu einer der gefährlichsten Arbeiten, da diese oftmals nicht kontrolliert ablaufen kann“, so Hader.

Sturmschäden, Schneebruch, Trockenheit oder Borkenkäferbefälle haben dafür gesorgt, dass rund die Hälfte der gesamten Holzernte im vergangenen Jahr aus Schadholz bestanden hat. Zudem zeigen Daten des KFV einen deutlichen Anstieg der tödlichen Unfälle bei Forstarbeiten in diesem Jahr. Mit Stand September kamen bereits 29 Personen zu Tode, während es 2022 im Vergleichszeitraum 23 waren.

Viele Waldbesitzer – wenig Erfahrung

Die Hälfte der Landesfläche Österreichs besteht aus Wald. Und so gibt es allein hierzulande rund 145.000 Waldeigentümer und -eigentümerinnen, wobei viele nicht hauptberuflich als Förster oder Forstarbeiter tätig sind. Für die nötige Waldarbeit fehlt es oft an Sicherheitstrainings, und so wissen viele nicht, wie sie in gewissen Situationen reagieren sollen. Das FAST Traunkirchen bietet neben einer fundierten Ausbildung auch Kurse und Fortbildungen für alle, die nur gelegentlich im Wald arbeiten. Das Angebot umfasst zudem eigene Kettensägekurse für Frauen.

„Es ist immer wichtig, sich auch in der Aus- und Weiterbildung stetig weiterzuentwickeln. Wir versuchen, mit dem VR-Training (Virtual Reality, Anm.) vor allem junge Leute zu motivieren. Außerdem bietet die Simulation viele Vorteile, so können etwa gefährliche Situationen risikolos nachgestellt werden“, so Hader.

Drei Ausbildungsmodule

Das VR-Training umfasst drei Module. Das erste befasst sich mit der Vorbereitung, wie der Schutzausrüstung. Es wird aber auch gelehrt, dass der Handyakku immer voll und vor der Arbeit überprüft werden soll, ob und wo Netzempfang besteht, um im Notfall rasch Hilfe holen zu können. Weiters wird das sichere Fällen von Bäumen trainiert.

Forstschülerin beim VR-Training mit VR-Brille
AIT/Christine Wahlmüller-Schiller
Eine Forstschülerin beim Training mit Virtual-Reality-Brille

Das dritte Modul widmet sich Erste-Hilfe-Maßnahmen und Notfällen, so wird sogar ein Rettungshubschrauber eingewiesen. Die Richtigkeit und Funktionalität des letzteren Moduls wurde vom Roten Kreuz und dem Samariterbund getestet. Das AIT hat diesbezüglich aber bereits viel Erfahrung, da bereits einige VR-Trainingseinheiten speziell für Einsatzkräfte entwickelt wurden.

Sendungshinweis

„Mayrs Magazin“ hat sich das Holzfällen mit der VR-Brille genauer angesehen (29. September, 18.30 Uhr, ORF2).

VR-Training bewährt sich

Bei dem VR-Training handelt es sich zunächst um einen Prototyp, der bereits in einer Studie untersucht wurde. So nahmen 70 Auszubildende des FAST Traunkirchen an einem Training teil. Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, bei der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer nur traditionell instruiert wurden, schnitten diese weitaus besser ab.

„Erste Auswertungen der Studienergebnisse zeigen sehr positive Ergebnisse: Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die das VR-Training absolviert haben, machen im praktischen Test viel weniger Fehler im Vergleich zur Kontrollgruppe. Sie sind auch während der Ausübung der erlernten Tätigkeiten mental geringer belastet und haben viel seltener Frustrationserlebnisse“, so AIT-Forscher und Studienleiter Andreas Sackl.

FAST-Leiter Hader ist auch wichtig, dass das VR-Training den Teilnehmerinnen und Teilnehmern Spaß macht: „Die Rückmeldungen waren bis jetzt eigentlich alle sehr gut. Sie merken sich sehr viel von dem, was sie in der virtuellen Welt erleben und können es gut in der realen Welt anwenden.“