Buckelwal vor Tonga
Paul Hilton / Greenpeace
Paul Hilton / Greenpeace
Lärmverschmutzung

Smarte Boje soll Delfine und Wale schützen

Schiffsgetriebe, U-Boote und Erdölbohrungen – die Lärmverschmutzung in den Ozeanen steigt. Für Meeressäugetiere kann das lebensbedrohlich sein. In einem Pionierprojekt wird nun getestet, wie Schiffe zukünftig mit Hilfe einer smarten Boje alarmiert werden können, wenn sich in ihrer Nähe Wale und Delfine aufhalten.

Auch Wale haben Hits. Forscher und Forscherinnen haben vor einigen Jahren herausgefunden, dass sich ihr Gesang über die Zeit verändert. Gefällt ihnen, was ein Artgenosse hervorbringt, so übernehmen sie Phrasen und Teile und wiederholen sie – so als hätten sie einen Ohrwurm von einem Song, den sie gerade im Radio gehört haben. Sogar Dialekte lassen sich zuordnen und daran erkennen, aus welchem Gebiet ein Wal oder seine gesamte Gruppe, genannt Schule, stammt. Manche drücken sich sogar so individuell aus, dass sie auf Aufnahmen wiedererkannt werden.

Tonaufnahmen im Meer

Die akustische Forschung hat eine lange Tradition. Denn in den dunklen Tiefen des Ozeans sind Tiere vor allem auf akustische Orientierung und Kommunikation angewiesen. Delfine etwa sind schnelle Räuber, die über eine Art natürliches Echolot verfügen. Durch ein spezielles Organ in ihrem Kopf, der Melone, können sie hochfrequente Töne erzeugen. Die Rückkopplung nehmen sie über ihren Unterkiefer auf. Sie senden sogar zwei Signale gleichzeitig aus, in unterschiedliche Richtungen und verschiedenen Frequenzen, so können Sie ihre Beute genau lokalisieren.

Lärmverschmutzung steigt

Doch in den Meeren wird es immer lauter. In erster Linie ist es der Schiffsverkehr, der Meerestiere verstört. Doch auch die seismologische Suche nach Rohstoffen, der Bau von Windkraftanlagen und Bohrinseln sorgen für Lärm. Tiere werden aufgeschreckt, ihre Kommunikation beeinträchtigt und im schlimmsten Fall können sie ihre Orientierung verlieren.

Smarte Boje warnt Schiffe
ORF-Grafik

Immer wieder kommt es zu Massenstrandungen von Walen, wenn die irritierte Leitkuh ihre gesamte Schule an den Strand statt ins offene Meer führt. Übrigens breitet sich Schall im Wasser fünf Mal schneller aus als in der Luft. Das deutsche Meeresmuseum hat auf seiner Homepage zahlreiche Hörbeispiele veröffentlicht, um die Lärmverschmutzung im Meer durch den Menschen deutlich zu machen.

Boje warnt Schiffe

Die keltische See, die sich zwischen der Südküste Irlands und der Südwestküste von Wales erstreckt, ist ein Hotspot für Meeressäugetiere. Eine gemeinnützige Organisation will sich nun dem Problem der Lärmbelästigung annehmen und die Artenvielfalt erhalten. Die Ocean Research and Conservation Association (ORCA Irland) konnte mit Hilfe zahlreicher Sponsoren und der Unterstützung eines großen Technologiekonzerns im März 2021 das Projekt „Smart Whales Sound" starten. Das Herzstück stellt eine mit Solarkraft betriebene Boje dar. An ihr sind Unterwassermikrofone befestigt, die ständig die Geräusche der Umgebung aufnehmen. Die Daten schickt sie an eine Cloud. Bis jetzt konnten über 25.000 Aufnahmen gesammelt werden.

Smarte
Huawei
Smarte Boje

Nun steht der heikelste Schritt bevor, erklärt Emer Keaveney, Meeresbiologin und geschäftsführende Direktorin von ORCA Irland: “Wir wollen nun einen Algorithmus entwickeln, der verschiedene Spezies identifizieren kann, das vereinfacht die Datenverarbeitung. Eines Tages sollen Schiffe in der Umgebung automatisiert und in Echtzeit gewarnt werden, wenn die Boje Delfine und Wale ortet. So können die Schiffe ihre Geschwindigkeit drosseln und weniger Lärm machen."

Die massive Datenmenge ist für die Forscher ein Goldschatz. Sie liefern neue und detaillierte Erkenntnisse. So wurde etwa festgestellt, dass unterschiedliche Spezies zu ganz verschiedenen Zeiten aktiv sind, so Keaveney: “Zwergwale kommunizieren lieber untertags, während gewöhnliche Delfine in der Nacht sehr laut sind. Es ist, als hätten Sie eine laute Party um Mitternacht."