Screenshot einer Wanderkarte um Innsbruck
luwi, ORF
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Kartografie

„Das Gelände hat immer recht“

Karten lesen zu können ist vor allem in den Bergen wichtig. Doch zunehmend weniger Menschen können das und verlassen sich zu sehr auf ihr Handy, berichtet der Alpenverein. Das kann zu brenzligen Situationen führen – denn „das Gelände hat immer recht“, wie ein Experte betont.

Immer wieder geraten Personen beim Tourengehen und Wandern wegen mangelnder Ortskenntnis oder fehlenden Kartenmaterials in Schwierigkeiten, müssen vielleicht sogar gerettet werden. Im Rahmen eines Symposiums zur „Macht der Karten“ wurde Dienstagabend in Wien unter anderem darüber diskutiert.

„Karte im Kopf am wichtigsten“

Der Kartograf Karel Kriz von der Universität Wien ist bei eigenen Bergtouren immer mit einer digitalen und einer analogen Karte ausgestattet. Die Vorbereitung sei jedoch noch wichtiger. „Prinzipiell ist die Karte im Kopf das Wichtigste“, so Kriz im Ö1-Morgenjournal. Denn Wanderer und Tourengeherinnen, die sich unvorbereitet, allein auf digitale Karten oder Berg-Apps verließen, gerieten immer wieder und immer öfter in Bergnot.

Hinzu komme ein weiteres Problem, so Kriz: Die Kartenlesekompetenz in der Bevölkerung nehme ab. Der Forscher plädiert dafür, die Fähigkeit, Karten lesen, interpretieren und Daten vergleichen zu können, bereits ab der Volksschule zu unterrichten.

„Wir lernen lesen und schreiben, uns zu artikulieren, mit Zahlen umzugehen. Aber wir lernen nicht, kompetent mit abstrakten Symbolen und Modellen umzugehen, die den Raum hier beinhalten. Wir stoßen an unsere Grenzen, wenn wir dann von der Bergrettung abgeholt werden und dann sagen, ich habe eine Karte mit, aber ich habe sie nicht lesen können.“

„Das Gelände hat immer recht“

Dass die Kartenlesekompetenz abnimmt, meint auch Csaba Szépfalusi, Alpinjournalist und aktives Mitglied im Team Bergsport des Alpenvereins. „Wir bemerken, dass die Abhängigkeit von Smartphones zunehmend steigt und diese Kompetenz verloren geht.“ Ähnlich wie bei Auto-Navis würden sich viele der Technologie „ausliefern“, so Szépfalusi im Ö1-Morgenjournal. Digitale Karten auf Smartphones seien aber ebenso wie analoge Karten in Papierform nur „Hilfsmittel, die draußen am Berg dabei unterstützen, eine Entscheidung zu treffen“.

Auch die Karte am Smartphone brauche Lesekompetenz, betont der Experte. Sie habe den großen Vorteil, dass man sieht, wo man selbst steht. „Es kann aber sein, dass der eigene Standort falsch dargestellt wird, weil die Verbindung zum Satelliten nicht gegeben ist.“ Deshalb gebe es laut Szépfalusi zwei Merksätze. „Erstens: Das Smartphone darf nie die Kontrolle übernehmen. Zweitens: Das Gelände hat immer recht, das heißt, vor Ort im Gelände muss ich selbst eigenverantwortlich meine Entscheidungen treffen.“

Neue aktualisierte Karten

Bei der Orientierung in bergigem Gelände ist jedoch nicht nur Kartenlesekompetenz wichtig, auch das Kartenmaterial sollte möglichst aktuell sein. In Forschungsprojekten des Instituts für Geographie und Regionalforschung der Uni Wien wurden neue topografische, also detaillierte Karten der Region Schneeberg-Rax-Semmering und des Nationalparks Hohe Tauern erstellt.

Ziel des Projekts ist es, diese Karten laufend zu aktualisieren, und hier Informationen aller Beteiligten, also von Organisationen aus dem Tourismus, aus dem Naturschutz und der Bergrettung sowie aus der Bevölkerung einzubeziehen.