Bitcoin-Münzen
APA/dpa/Fernando Gutierrez-Juarez
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Bitcoin

Ein Pool voll Wasser pro Transaktion

Kryptowährungen wie Bitcoin verbrauchen sehr viel Energie, wie bereits mehrfach kritisiert wurde. Aber auch der Wasserverbrauch ist enorm: mehr als 16.000 Liter pro Transaktion – genug, um einen privaten Pool zu füllen. Wie ein Finanzexperte nun warnt, könnte das den Trinkwassermangel in trockenen Regionen weiter verschärfen.

Nach dem spektakulären Crash der Kryptobörse FTX vor ungefähr einem Jahr ist der Ruf von Kryptowährungen nicht mehr der allerbeste, obwohl der Boom weiter anhält. Kritisiert wird neben rechtlichen, ethischen und finanztechnischen Aspekten unter anderem der riesige Energieverbrauch der als dezentrale Alternative zum regulierten Finanzmarkt gehypten digitalen Münzen.

Eine im vergangenen Jahr erschienene Studie kam etwa zum Schluss, dass durch die weltweit führende Kryptowährung Bitcoin größere Klimaschäden verursacht werden als durch die Produktion von Rindfleisch.

Rechenintensives Schürfen

Das Schürfen nach den virtuellen Münzen benötigt nämlich extrem viel Rechenleistung. Und nur ein Bruchteil aller Rechenoperationen hat einen direkten Nutzen, bei dem im Rahmen des „Minings“ neues Geld erstellt und Transaktionen bestätigt werden. Das Ganze gleiche einem großen Ratespiel mit Zahlen, schreibt Alex de Vries von der Universität Amsterdam im Fachmagazin „Cell Reports Sustainability“. Nur bei der richtigen Lösung werde ein neuer Transaktionsblock für die Blockchain erstellt, zur Belohnung gibt es Bitcoins.

Bitcoin-Anlage, Rechenprozessoren
AFP/MARK FELIX
Bitcoin verbraucht viel Rechnerleistung

Die Suche funktioniere über Versuch und Irrtum, und das mache den Vorgang so aufwendig. Im Schnitt wird nur alle zehn Minuten eine Lösung gefunden, das heißt: Ein großer Teil der Trillionen Berechnungen pro Sekunde ist einfach umsonst. Die meisten Mining-Anlagen befinden sich in China, den USA und in Kasachstan.

Bitcoin

Bitcoin wurde 2008 von einer Person oder Gruppe mit dem Pseudonym Satoshi Nakamoto konzipiert. Man wollte ein dezentrales Geldsystem schaffen, das ohne Vermittlerinnen und Vermittler auskommt und weitgehend anonym genutzt werden kann. Digitalwährungen können wie andere Währungen getauscht und gehandelt werden, befinden sich aber außerhalb der Kontrolle finanzieller Institutionen wie Banken und Regierungen.

Der Finanzexperte de Vries macht in seinem soeben erschienenen Artikel darauf aufmerksam, dass der aufwendige Schürfprozess noch ein weiteres – bisher unterschätztes – Ressourcenproblem nach sich zieht: einen sehr hohen Wasserverbrauch, unter anderem für die Kühlung der Großanlagen. Ein großer Teil davon verdampft und lässt sich daher nicht einmal wiederverwenden. Neben diesem direkten Verbrauch gibt es laut de Vries auch noch den sekundären Wasserverbrauch, der bei der Erzeugung des Stroms für den Betrieb der Computernetzwerke anfällt, in Kohle- und Gas-, aber auch in umweltfreundlicheren Wasserkraftwerken.

Laut de Vries hat der Wasserverbrauch von Bitcoin in den letzten Jahren insgesamt sehr stark zugenommen. 2020 waren es weltweit etwa 592 Gigaliter, 2021 mit gut 1.573 Gigalitern fast dreimal so viel. Die Wassermenge, die für eine einzelne Transaktion verbraucht wird, ist im selben Zeitraum von 5.231 auf 16.279 Liter gestiegen. Das sei ein Millionenfaches einer Kreditkartenzahlung, wie de Vries den Verbrauch in einer Aussendung einordnet. Damit könnte man einen durchschnittlichen privaten Pool füllen. 2023 wachse der Wasserverbrauch weiter, geschätzt werden es am Ende weltweit 2.237 Gigaliter sein.

Wassermangel verschärft

De Vries warnt davor, dass der enorme Verbrauch die Wasserversorgung beeinträchtigen könne, wenn das Schürfen nach Bitcoins weiterhin ohne jegliche Einschränkungen betrieben werden darf, vor allem in Ländern, die jetzt schon mit Knappheit zu kämpfen haben. „Viele Teile der Welt erleben Dürren, und frisches Wasser wird zunehmend zur Mangelware“, betont der Forscher. „Wenn wir diese wertvolle Ressource weiterhin für sinnlose Berechnungen verwenden, wird die Realität sehr mühsam.“

Bitcoin-Schürfanlage in Texas
Afp/MARK FELIX
Bitcoin-Schürfanlage in Texas

Als Beispiel nennt der Studienautor Länder in Zentralasien, wo das trockene Klima die Wasserversorgung schon heute erschwert. Besonders betroffen sei etwa die globale „Schürfhochburg“ Kasachstan. Bitcoin-Transaktionen haben dort allein 2021 mehr als 997 Gigaliter Wasser konsumiert, dabei kämpfe man schon jetzt mit einer Versorgungskrise. Seit heuer gibt es zumindest eine nationale Beschränkung für den Energieverbrauch beim Schürfen, erneuerbare Quellen sind allerdings davon ausgenommen.

Verbrauch ließe sich senken

Wenn der Wert von Bitcoin weiter steigt – derzeit schwankt er im Bereich von 33.000 und 34.000 Euro pro digitaler Münze -, werde auch ihr ökologischer Fußabdruck größer, erklärt de Vries. Der Ressourcenverbrauch ist in seinen Augen komplett sinnlos im Vergleich zu anderen aufwendigen Rechenprozessen, wie sie etwa bei KI-Sprachmodellen gemacht werden müssen: „Es sind einfach nutzlose Berechnungen.“

Um den enormen Wasserverbrauch von Kryptowährungen zu verringern, gäbe es aber laut de Vries einige technische Möglichkeiten: Man könnte beispielsweise die Schürfanlagen in Regionen bauen, wo es nicht so heiß ist; innovative Kühlmethoden oder die Verwendung von Brauchwasser wären auch eine Option. Außerdem könnte man mehr Energie aus erneuerbaren Quellen wie Wind- oder Sonnenkraft einsetzen.

Der große Energieverbrauch an sich bliebe allerdings trotz all dieser Maßnahmen erhalten, betont de Vries. Um auch diesen zu senken, müsste man die Software bzw. die Art der Berechnung verändern. Dass das möglich ist, zeige das Beispiel der zweitgrößten Kryptowährung Ether schon jetzt. Dort wurde die grundlegende Berechnungsmethode im Herbst 2022 völlig neu aufgesetzt. Dadurch habe man den Energieverbrauch drastisch gesenkt, nämlich um mehr als 99 Prozent. Wie de Vries in einer Ende 2022 veröffentlichten Studie schreibt, entspreche das in absoluten Zahlen etwa dem Stromverbrauch von ganz Österreich.