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Nataliia – stock.adobe.com
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Demographie

Gemeinschaftsgefühl verlängert Leben

Warum leben manche Menschen länger und gesünder als andere? Mit dieser Frage beschäftigt sich Marc Luy, der neue Direktor des Instituts für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). Zusammenhänge mit Ernährung und Bewegung sind bekannt, aber es gibt auch andere Faktoren: das Vermeiden bestimmter Risiken etwa – und das Gefühl von Gemeinschaft.

Als blaue Zonen werden Regionen bezeichnet, in denen der Anteil an Hundertjährigen besonders hoch ist – genauer gesagt: In denen die Wahrscheinlichkeit für 80-Jährige hundert Jahre alt zu werden, besonders groß ist, sagt Marc Luy, Direktor des Instituts für Demographie an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW).

Blaue Zonen befinden sich auf Sardinien (Italien), in Okinawa (Japan), Loma Linda (Kalifornien), Nicoya (Costa Rica) und Ikaria (Griechenland). Auch die Karibikinsel Martinique wurde vor kurzem als blaue Zone definiert. Doch was machen die Menschen in diesen Regionen, dass gerade sie ein höheres Lebensalter als andere? Der Schlüssel liege eher darin zu fragen, was diese Menschen nicht tun, und welche Risikofaktoren sie vermeiden, sagt Luy – etwa nicht zu rauchen, sich nicht ungesund zu ernähren und nicht inaktiv zu sein, sich also auch körperlich zu betätigen.

Starker sozialer Zusammenhalt

Die Menschen in diesen Regionen haben einiges gemeinsam: Sie bewegen sich mäßig, aber regelmäßig, essen viel Pflanzliches – oft etwa Kartoffeln und Bohnen – und sie haben einen starken sozialen Zusammenhalt. Doch könnte man nicht vermuten, dass diese Menschen einfach über gute Gene verfügen? Nur bedingt, so der Forscher. Sieht man sich den Durchschnitt der Bevölkerung an, so ergebe sich folgendes Bild: Maximal 25 Prozent der Langlebigkeit seien auf genetische Faktoren zurückzuführen.

Das heißt aber auch, das 75 Prozent der Lebenserwartung durch nicht-biologische Faktoren bedingt sind, es handelt sich also um durch den Menschen direkt oder indirekt beeinflussbare Faktoren. Natürlich spielen auch Aspekte wie medizinische Versorgung eine wichtige Rolle. Aber: Es stellt sich immer die Frage, wer Zugang dazu hat. In den USA beispielsweise hätten Menschen eine geringere Lebenserwartung als Personen in anderen „entwickelten“ Ländern, so Luy. Doch die Unterschiede in der Lebenserwartung seien hier besonders groß, da der Zugang zu medizinischer Versorgung dort noch extremer von den finanziellen Möglichkeiten und vom sozialen Status abhängt.

Aufeinander aufpassen hilft

Der soziale Status ist ein weiterer Kernfaktor für Langlebigkeit. Um die Ungleichheit zu verringern, dass sozial schlechter gestellte Gruppen oft auch eine geringere Lebenserwartung haben, müsste man im Gesundheitssystem stärker gegensteuern – so dass der Zugang zu diesen Ressourcen für alle annähernd gleich ist: Wissen, Geld, Einfluss, Ansehen, aber auch der Zugang zu sozialen Netzwerken.

Die Ungleichheit beim Zugang zu diesen „flexiblen“ Ressourcen sei der Schlüssel für die sozialen Unterschiede in Gesundheit und Langlebigkeit, und es sollte ein Ziel sein, diese Unterschiede zu reduzieren, sagt Luy. Das bedeutet konkret: Zugang zu medizinischen Behandlungen oder zu teuren Operationen für alle in gleichem Maß – und gleich schnell.

Eine wesentliche Rolle spielen auch sozialen Netzwerke, die dabei helfen können, dass ein Problem schnell erkannt und behandelt wird. Diese Netzwerke sind in den blauen Zonen besonders gut ausgeprägt: Hier leben die Menschen in einer Gemeinschaft, in der jeder besonders gut auf den anderen schaut.