Vom Alpenschneehuhn über die Lachmöwe bis hin zur Zitronenstelze gibt es in Österreich viele sehr unterschiedliche Vogelarten. Sie alle finden Platz im neuen, fast 700 Seiten starken „Österreichischen Brutvogelatlas“. In dem umfassenden Werk wurden Vogelsichtungen aus dem Zeitraum von 2013 bis 2018 dokumentiert.
Die insgesamt rund 2,1 Millionen Datensätze wurden dabei von Expertinnen und Experten, aber auch mit Hilfe der Österreicherinnen und Österreicher erhoben, die ihre Vogelsichtungen einreichten. „Wir haben das Glück, dass wir sehr viele Freiwillige bei BirdLife haben, die sich auch sehr gut auskennen. Und die haben uns dabei geholfen, diese vielen Daten zusammenzutragen“, so der Herausgeber des neuen „Brutvogelatlas“, Norbert Teufelbauer von BirdLife Österreich.
Brutzeit steht bevor
Allen Interessierten soll der „Brutvogelatlas“ als Informationsquelle dienen, wann welche Vögel an welchen Standorten zu finden sind. Schon jetzt kann man einige davon beim Brüten beobachten – zum Beispiel den Fichtenkreuzschnabel, den Bartgeier und auch den Uhu.
Die meisten anderen Vogelarten starten ihre Brutzeit aber erst etwas später. „Das ist kein ganz klar gefasster Abschnitt und je nach Art unterschiedlich. Ganz grob würde ich sagen, März bis Juni ist eine gute Zeit, wenn man sich mit Brutvögeln beschäftigen will“, meint Teufelbauer. Dann lohnt es sich außerdem bei vielen Vogelarten, früh aufzustehen, denn die meisten Sichtungen seien in den ersten Stunden nach Sonnenaufgang möglich.
Ungleiche Verteilung
Auch wo die Tiere während ihrer Brutzeit zu finden sind, hängt ganz vom jeweiligen Vogel ab. Der Artenreichtum ist in Österreich laut dem „Brutvogelatlas“ sehr ungleich verteilt. Besonders artenreich ist der äußerste Osten, wo stellenweise bis zu 129 Vogelarten auf 100 Quadratkilometer brütend angetroffen wurden. Unter anderem im Gebiet um den Neusiedler See sind besonders viele Arten zu finden, die sich zum Teil an keinen anderen Orten in Österreich niederlassen. Dazu gehört unter anderem der kleine Seeregenpfeifer.
Mit zunehmender Seehöhe nimmt auch die Artenzahl deutlich ab, und im Gebirge über der Baumgrenze brütet nur noch eine Handvoll Spezialisten wie zum Beispiel die Alpendohle und der Schneesperling.
Vielfalt leicht gestiegen
Es ist mittlerweile rund 30 Jahre her, dass der erste „Österreichische Brutvogelatlas“ erschien. Damals flossen in die Sammlung Daten aus dem Zeitraum zwischen 1981 und 1985 ein. Seitdem hat sich bei den Vogelpopulationen einiges getan. „Eines der erfreulichen Ergebnisse des neuen Atlas ist, dass wir insgesamt heute etwas mehr Vögel in Österreich haben, die brüten, als in den 1980er Jahren“, so Teufelbauer. „Und das sind größtenteils Erfolge des Naturschutzes, dass bestimmte Arten wiedergekommen sind.“
In der aktuellen Version des „Brutvogelatlas“ wurden 235 verschiedene Vogelarten erfasst – im Vergleich zum alten Atlas sind das um elf Arten mehr, die regelmäßig in Österreich brüten. Was sich vielleicht eher nach einem geringen Anstieg anhört, ist laut Teufelbauer aber ein klarer Erfolg, denn ein paar in Österreich erst kürzlich beobachtete Vogelarten galten vor einigen Jahren noch als ausgestorben.
Rückkehr seltener Arten
Dazu gehört etwa der Seeadler. Im ersten „Brutvogelatlas“ waren keine Sichtungen der imposanten Tiere vermerkt – seitdem haben sich die Bestände aber wieder teilweise erholt. „Es gibt über 50 Brutpaare in Österreich. Wir haben Seeadler heute zum Beispiel im Weinviertel, im Marchfeld, im Nord- und Südburgenland, in der Südoststeiermark, und die Vorkommen reichen auch schon bis nach Oberösterreich hinein“, so Teufelbauer.
Ein Seeadler sei für Hobbyornithologen leicht zu erkennen. Ausgewachsenen Tiere zeichnen sich unter anderem durch einen knallgelben Schnabel und weiße Schwanzfedern aus. Noch beeindruckender sei aber die Größe der Seeadler. „Ich weiß, dass viele Menschen schon einen Falken am Straßenrand als einen sehr großen Vogel wahrnehmen würden. Ein Seeadler hat aber mehr als die doppelte Flügelspannweite – es handelt sich also wirklich um ein sehr großes Tier.“
Auch Kraniche, Kormorane, Kaiseradler und Habichtskauze galten früher als ausgestorben, sind mittlerweile aber wieder an einigen Brutplätzen in Österreich anzutreffen.
Lebensräume werden knapp
Neben einigen zurückgekehrten und auch komplett neuen Vogelarten gab es in den vergangenen Jahren aber auch Verluste. Als Brutvögel gänzlich verschwunden sind etwa der Rothalstaucher, der Rötelfalke und der Rotkopfwürger.
„Österreichischer Brutvogelatlas“
Der „Brutvogelatlas 2013–-2018“ ist im Verlag Naturhistorisches Museum Wien erschienen. Bestellungen sind zu einem Preis von 95 Euro unter verlag@nhm.at möglich.
Vor allem bei jenen Vogelarten, die gerne in Kulturlandschaften und landwirtschaftlich genutzten Flächen brüten, gab es laut Teufelbauer klare Einbußen. Das Braunkehlchen hat demnach etwa bereits 80 bis 90 Prozent seines Bestandes verloren. „Das liegt daran, dass die Vögel Wiesenbrüter sind und ihre Nester einfach im hohen Gras verstecken. Der Trend in der Landwirtschaft, öfter zu mähen, ist da natürlich ein Problem.“ Generell werde der Lebensraum für die Vögel in Kulturlandschaften immer knapper, was wahrscheinlich auch bald zum Verschwinden weiterer Arten führe.