Auftritt von Miley Cyrus bei den Grammy Awards 2024
AFP/VALERIE MACON
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Populärkultur

Liedtexte zunehmend einfacher und emotionaler

Englischsprachige Liedtexte sind immer simpler gestrickt und leichter zu verstehen, auch aufgrund eines geringeren Wortschatzes – insbesondere bei Rap- und Rocksongs. Außerdem wurden die Texte tendenziell emotionaler und persönlicher, zeigt eine Studie, in der die Entwicklung in den vergangenen 40 Jahren unter die Lupe genommen wurde.

Das Team um Eva Zangerle von der Universität Innsbruck analysierte 12.000 englischsprachige Rap-, Country-, Pop-, R&B- und Rocksongs (je 2.400 Songs pro Genre), die zwischen 1980 und 2020 veröffentlicht wurden. Im Fokus standen Wortschatz, Lesbarkeit, Komplexität und die Anzahl der wiederholten Zeilen. „Die Sprache wurde einfacher, was sich sowohl an der Lesbarkeit als auch an der Anzahl der komplexen Wörter zeigt. Außerdem wiederholen sich ganze strukturelle Komponenten wie der Refrain, aber auch einzelne Zeilen deutlich häufiger“, so Zangerle zu den nun im Fachblatt „Scientific Reports“ veröffentlichten Ergebnissen.

Hintergrundmusik und Streaming

Ursache für die Entwicklung zu einfacheren Texten könnte laut den Autoren die Zunahme von Liedern sein, die als Hintergrundmusik abgespielt werden. Außerdem dürften veränderte Vertriebskanäle eine große Rolle spielen. „Vor 40 Jahren hat man sich eine Schallplatte gekauft. Jetzt gibt es Streamingplattformen, wofür Musik auch ganz anders produziert wird. Das Musikstück muss in den ersten zehn bis 20 Sekunden überzeugen, sonst wird zum nächsten Lied gewechselt“, erklärte die Studienleiterin. „Je öfter ich einem Text ausgesetzt bin, desto mehr wird er zum Ohrwurm.“ Musikschaffende produzierten ihre Songs so, dass sie möglichst oft „gestreamt, geklickt und gesehen werden“, ergänzte Co-Autorin Elisabeth Lex von der Technischen Universität Graz.

Konkrete Künstlerinnen und Künstler wie die aktuellen Superstars Taylor Swift oder Miley Cyrus wurden in der Studie nicht einzeln analysiert. Das wäre „cherry picking“, also Rosinenpickerei, sagte Zangerle. Stattdessen wurden Erkenntnisse aus riesigen Datenmengen gewonnen.

Mehr Gefühle

Die Forschenden fanden auch heraus, dass die Texte mit der Zeit tendenziell emotionaler und persönlicher geworden sind (Textbeispiel aus 2019: „Slide Away“ von Miley Cyrus auf Genius). Vor allem bei R&B-, Pop- und Country-Songs nahm den Angaben zufolge die Verwendung emotional negativer Wörter zu. In Rap-Songs waren es sowohl mehr positive, wie auch negative Texte. Alle Genres hatten gemein, dass mehr Wörter, die mit Wut in Zusammenhang stehen, eingesetzt wurden. „Andere Arbeiten, die sich mit dem Audio-Signal selbst beschäftigen, zeigen, dass Musik weniger fröhlich empfunden wird. Das komplettiert unsere Studie“, so Zangerle.

Weiteres Detail: Eine Analyse der Aufrufe von Songtexten auf der Plattform Genius zeigte, dass ältere Rocksongs eher häufiger angesehen werden als neuere, bei Texten von Country-Songs ist es umgekehrt. Rockhörer bevorzugen demnach also Texte aus älteren Liedern. Bei Rap, Rock und Country würden Texte eine größere Rolle spielen als bei anderen Genres, was sich auch am Interesse der Zuhörer an den Texten ablesen lasse.