Zwei Feldhasen in der Wiese
APA/GEORG HOCHMUTH
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Naturschutz

Zahl der heimischen Feldhasen sinkt

Dem Brauch nach versteckt er in diesen Tagen die bunt bemalten Eier und Osternester – den Feldhasen bekommt man in Österreich aber immer seltener zu Gesicht. Die Tiere brauchen möglichst naturbelassene Flächen – die wachsenden Anforderungen an die Landwirtschaft stehen mit dem Schutz der Hasen aber zunehmend in Konflikt, wie ein Hasenexperte erklärt.

Seit rund einem Jahrhundert sinkt die Zahl der Feldhasen in Österreich. Verantwortlich dafür sei vor allem die zunehmend intensive Nutzung landwirtschaftlicher Flächen. Feldhasen haben im Gegensatz zu Kaninchen keine Höhlen, in denen sie ihren Nachwuchs zur Welt bringen. Sie sind auf Felder, Äcker und Wiesenflächen angewiesen, wo sie ihre Jungtiere ablegen und selbst auf Nahrungssuche gehen.

Auf den Feldern sind die jungen Hasen sowohl Fressfeinden als auch landwirtschaftlichen Maschinen oft hilflos ausgeliefert – vor allem, wenn die Flächen bewirtschaftet werden bzw. die dortige Vegetation nicht genügend Sichtschutz bietet, um den Nachwuchs zu verbergen. In der modernen Landwirtschaft sei das zunehmend der Fall.

Agrarpolitik entscheidend

„Der Hase braucht Struktur, braucht verschiedene Kulturarten, die angebaut werden, und nicht große Monokulturen. Und das führt dazu, dass der Lebensraum an Qualität verliert. Und Qualitätsverlust bedeutet eine geringere körperliche Kondition und Fortpflanzungsleistung, und damit auch ein geringeres Überleben und einen Rückgang der Population“, erklärt der Biologe Klaus Hackländer von der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien gegenüber science.ORF.at.

Vom Feldhasen zum Eierbringer

Dass der Feldhase in Österreich zum Osterhasen wurde, ist eher dem Zufall zu verdanken. Den Ursprung des bekannten Ostersymbols erläuterte Klaus Hackländer vor Kurzem in einem eigenen Gastbeitrag auf science.ORF.at.

Dass die Bestandszahlen seit rund einem Jahrhundert zurückgehen, habe einen einfachen Grund: „Bis vor ungefähr hundert Jahren gab es die Dreifelderwirtschaft in Österreich“, so Hackländer. Landwirte waren damals dazu gezwungen, ein Drittel ihrer Felder nicht zu bewirtschaften, damit sich die Flächen bis zum nächsten Jahr regenerieren konnten. „Für die Hasen war das natürlich paradiesisch.“

Auch heute sind Bäuerinnen und Bauern in der EU noch dazu angehalten, einen gewissen Teil ihrer Felder brach liegen zu lassen. „Das pendelt halt, je nach Agrarpolitik. Wir hatten nach Missernten mal Jahre, da war null Prozent Verpflichtung. Und jetzt sind wir in der EU bei mindestens vier Prozent – in Österreich bei sieben Prozent.“ Landwirte können derzeit zum Teil aber selbst entscheiden, ob sie die Flächen zwischenzeitlich gar nicht nutzen oder ob sie darauf ökologisch vertretbare Pflanzenarten, wie Leguminosen oder Zwischenfrüchte anbauen.

Nicht kurz vorm Aussterben

Für die Feldhasen sei das fast schon ausreichend. Ein leichter Rückgang sei zwar noch zu beobachten, ein trockener und milder Frühling führe mittlerweile aber auch dazu, dass in manchen Saisonen überdurchschnittlich viele Junghasen überleben und sich die Population zumindest zeitweise erholt.

Auch in Deutschland war das vor Kurzem der Fall: Im Frühling 2023 wurden dort so viele Feldhasen gezählt wie schon lange nicht mehr. Es gab rund 19 Hasen pro Quadratkilometer auf Feldern, Wiesen und Äckern. Eine derartige Zählung gab es in Österreich zwar nicht – laut den Informationen des Niederösterreichischen Landesjagdverbands war die Frühlingswitterung im Jahr 2023 aber auch für die heimischen Feldhasenpopulationen förderlich. Ein leichter Abwärtstrend sei dennoch zu beobachten.

Ausweitung der Schutzmaßnahmen

Auch wenn der Feldhase hierzulande nicht kurz vor dem Aussterben steht, wäre es laut Hackländer wichtig, die Populationszahlen nicht noch weiter sinken zu lassen. „Wenn wir diesen Prozess nicht stoppen, haben wir nicht nur einen Verlust von Arten, sondern tatsächlich auch ein Problem für uns, weil artenreiche Ökosysteme stabiler und widerstandsfähiger gegen Umwelteinflüsse sind wie zum Beispiel den Klimawandel, einwandernde Tierarten oder Krankheiten.“ Auch Menschen sind auf gesunde Ökosysteme in ihrer Umgebung angewiesen – nicht zuletzt, um aus ihnen verschiedene tierische und pflanzliche Nahrungsmittel zu beziehen.

Ideal für den Naturschutz wäre daher eine Ausweitung der Brachflächenregelung in Österreich, meint der Biologe. Davon würden neben den Feldhasen auch viele andere Tierarten profitieren: „Wir müssen den Hasen als Schirmart verstehen. Das heißt, wenn es dem Hasen gut geht, können wir davon ausgehen, dass wir auch mehr Spinnen haben, mehr Laufkäfer, mehr Schwebfliegen, mehr Wildbienen, mehr insektenfressende Vögel und insgesamt einfach eine höhere Artenvielfalt.“

Nicht auf Landwirte vergessen

Hackländer betont aber auch, dass eine Ausweitung der Brachflächen jedenfalls nicht zu Einkommenseinbußen für die Bäuerinnen und Bauern führen darf. „Wir wollen ja auch, dass dort etwas produziert wird, und wir wollen ja auch, dass der Landwirt dafür entlohnt wird, wenn er nichts produzieren soll, weil er zum Beispiel die Artenvielfalt fördern will. Und der Landwirt in Österreich muss eben auch am globalen Markt mitspielen können.“

Ob die Umweltschutzauflagen für Landwirte in der EU künftig strenger oder doch vielleicht sogar gelockert werden, wird zurzeit im Rahmen des geplanten EU-Renaturierungsgesetzes intensiv diskutiert. Grundsätzlich soll es dadurch zu mehr naturbelassenen Flächen in der EU und einer Stärkung der Ökosysteme kommen, kürzliche Proteste der Landwirte führten aber dazu, dass das Gesetz in einigen Punkten abgeändert und noch nicht endgültig verabschiedet wurde – Österreich enthielt sich bei einer kürzlichen Abstimmung aufgrund eines Beschlusses der Bundesländer.

Wichtig wäre etwa, die Bäuerinnen und Bauern für ihre Arbeit fairer zu entlohnen und ihnen mit Hilfe von umfangreichen Subventionen genügend Anreiz zu geben, den Naturschutz auf ihren Feldern freiwillig voranzutreiben. Laut Hackländer sei es jedenfalls unabdingbar, bald die richtige Balance zwischen den finanziellen Interessen der Bäuerinnen und Bauern und dem Schutz der Ökosysteme zu finden, um auch in Zukunft den Feldhasen in der österreichischen Natur beobachten zu können.