Die Erde aus Satellitenperspektive, „Blue Marble“
NASA/Apollo 17 crew
NASA/Apollo 17 crew
Evolution

Wie das Leben auf die Erde kam

Der Ursprung des Lebens auf der Erde stellt die Wissenschaft immer noch vor einige Rätsel. Neue Studienergebnisse legen nun nahe, dass dabei auch Stoffe aus dem Weltall eine wichtige Rolle spielten, die erst nach der Entstehung des Planeten auf die Erde kamen.

Theorien über den Ursprung des Lebens gibt es viele – besonders verbreitet ist etwa die Annahme, dass sich die ersten Lebewesen in der Ursuppe bildeten, die schon vor Milliarden von Jahren voller anorganischer und organischer Moleküle war.

Woher diese Moleküle tatsächlich stammten, ist jedoch umstrittener. „Es gibt Theorien, dass vulkanische Aktivitäten im Wasser zur Bildung dieser Stoffe geführt haben, oder aber, dass es erst mehrere Trocken- und Nässephasen auf der Erde gebraucht hat, um die für das Leben nötigen Molekülverbindungen zu bilden“, so der Astrophysiker Serge Krasnokutski von der Friedrich-Schiller-Universität Jena gegenüber science.ORF.at.

Kosmische Einflüsse

In den vergangenen Jahren erlangte jedoch eine weitere These immer größere Beliebtheit unter vielen Forscherinnen und Forschern: Untersuchungen zeigten, dass einige der Moleküle in der Ursuppe eventuell auch einen kosmischen Ursprung gehabt haben könnten – etwa die Peptide, bei denen es sich um eine kürzere Form von Proteinen, beziehungsweise Eiweißen handelt.

Diese kurzkettigen Molekülverbindungen waren für die Entstehung des Lebens auf der Erde extrem wichtig, denn alle Lebewesen bestehen auf molekularer Ebene aus den gleichen chemischen Bausteinen. Die Peptide formen sich aus einzelnen Aminosäuren und übernehmen im Körper völlig unterschiedliche Funktionen: Sei es, um Stoffe zu transportieren, Reaktionen zu beschleunigen oder um stabilisierende Gerüste in den Zellen zu bilden.

Suche nach Ursprung läuft

Die Theorie der kosmischen Peptide untermauerte Krasnokutski vor zwei Jahren in einer Studie, in der die Forscherinnen und Forscher chemische Reaktionen nachwiesen, die im All unter bestimmten Voraussetzungen zur Bildung der lebenswichtigen Verbindungen geführt haben könnten. Sie entstanden demnach vermutlich in kosmischen Staubwolken, von wo sie dann von Meteoroiden, Asteroiden und Kometen zur Erde getragen wurden. Dass die Peptide tatsächlich außerirdischer Natur sein könnten, zeigen auch Aminosäuren, Nukleobasen und verschiedene Zucker, die in der Vergangenheit in Meteoriden nachgewiesen wurden.

Um dieser Annahme weiter nachzugehen, simulierte der Astrophysiker nun zusammen mit einem deutsch-französischen Forschungsteam die chemischen Reaktionen im Labor, die vor Milliarden von Jahren im Weltall stattgefunden haben könnten. „Es handelt sich sozusagen um eine Fortsetzung unserer bisherigen Untersuchungen – jedoch konnten wir die chemischen Reaktionen nun viel genauer als zuvor analysieren und aufzeigen, dass dafür nur ein paar wenige Stoffe nötig sind.“

Die Ergebnisse der Experimente, die unter anderem in Vakuumkammern durchgeführt wurden und die das Forschungsteam derzeit im Fachjournal „Science Advances“ präsentiert, zeigen, dass für die Bildung der lebenswichtigen Molekülverbindungen vor allem Kohlenstoff (C), Kohlenstoffmonoxid (CO) und Ammoniak (NH3) nötig waren. „Das alles ist in den Molekülwolken im Weltall ausreichend vorhanden“, so Krasnokutski.

Kälte erleichterte Verbindungen

Die extrem niedrigen Temperaturen im All könnten die Bildung der Peptide außerdem begünstigt haben. Wasser muss bei der Entstehung der Molekülverbindungen eigentlich in seine Einzelteile zerlegt werden, was normalerweise recht große Mengen an Energie erfordert. Die extreme Kälte in den kosmischen Staubwolken senkt den Energiebedarf jedoch deutlich, wodurch sich die kurzkettigen Peptide vermutlich leichter bilden konnten.

Zudem haften auf den Stoffen durch die kalten Temperaturen im All auch andere Kohlenstoffpartikel, die die Peptide vor dem Einfluss der UV-Strahlen schützen. „Normalerweise sind diese Verbindungen recht fragil und werden von UV-Photonen schnell zerstört – die Kälte hilft also dabei, sie davor zu bewahren“, so Krasnokutski.

Stammt das Leben auf der Erde also in Wahrheit aus dem All? Der Astrophysiker hält das für wahrscheinlich, auch wenn es zur endgültigen Klärung der These noch weitere Studien braucht.