Jungtiere der Buntbarsch-Art Damba Mipentina, eine der seltensten Fischart Madagaskars, aufgenommen am Sonntag, 18. August 2013, im Tropenhaus des Haus des Meeres in Wien.
APA/GÜNTHER HULLA
APA/GÜNTHER HULLA
Erbgut

Genvariation macht Buntbarsche vorsichtig oder dreist

Neugierde ist vererbbar, wie eine Studie an Buntbarschen zeigt. Ein einziger „Erbgutbuchstabe“ bestimmt, ob eine Art vorsichtig ist oder gerne fremde Wasser auskundschaftet. Auch die Körperform hängt mit dem Verhalten zusammen: Ufernah lebende Fische von gedrungener Gestalt sind dreister als längliche aus offenen Gewässern.

„Wir haben am Südufer des Tanganjikasees in Sambia natürlich eingerichtete Experimentierbecken angelegt und dort insgesamt neun Monate lang die verschiedenen Fische beobachtet“, erklärt Walter Salzburger, der am Department Umweltwissenschaften der Universität Basel forscht, zu der nun im Fachjournal „Science“ erschienenen Studie. Seine Mitarbeiterin Carolin Sommer-Trembo setzte 700 Exemplare von 57 verschiedenen Buntbarscharten in die Becken und filmte, wie sie sich in der neuen Umgebung verhielten. „Es zeigten sich große Unterschiede im Neugierverhalten zwischen den einzelnen Buntbarscharten“, so die Verhaltensbiologin.

Die Forschenden verglichen das Erbgut (Genom) von neugierigen und zurückhaltenden Barscharten. „Wir konnten eine genetische Variation in ihrem Genom identifizieren, die eine nahezu perfekte Korrelation mit dem Neugierverhalten zeigt“, sagte Salzburger: „Arten mit einem ’T’ an einer bestimmten Stelle sind neugierig, während Arten mit einem ’C’ wenig explorativ sind.“ Wenn man bei ihnen die betreffende Region mittels Genschere (CRISPR/Cas9) gezielt verändert, werden die Fische neugieriger. Dies belege, dass dort wirklich „geschrieben“ steht, ob ein Individuum dreist oder vorsichtig ist.

Im Gehirn aktiv

Die Genvariation für neugieriges oder zurückhaltendes Verhalten befindet sich in der Nähe eines Gens Namens „cacng5b“, das im Gehirn aktiv ist und auch bei Säugetieren vorkommt. „Die menschliche Variante wird mit psychiatrischen Krankheiten wie Schizophrenie und bipolaren Störungen in Zusammenhang gebracht, die wiederum mit Persönlichkeitsstörungen korreliert sein können“, erklären die Forschenden. Ob bei den Fischen nahe des Gens ein „T“ oder „C“ geschrieben steht, beeinflusst wahrscheinlich seine Regulation, also wie oft es aktiv verwendet wird.

Die Forscher speisten außerdem künstliche Intelligenz (KI) mit den Informationen, welche genetische Variante eine Buntbarschart hat, wo der Lebensraum ist und wie der Körperbau aussieht. „Der KI war es anschließend möglich, das Explorationsverhalten davor nicht getesteter Buntbarscharten vorherzusagen“, berichten sie.