Ein Mann geht mit seinem Sohn spazieren.
APA/dpa-Zentralbild/Monika Skolimowska
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Lockdown

Kinderbetreuung: Väter holen auf

Kindergarten- und Volkschulkinder zuhause zu betreuen, ist für viele Eltern während des Lockdowns eine große Belastung. Eine deutsche Studie aus dem Frühjahr zeigt, dass Frauen dabei zwar die Hauptlast tragen, die Väter jedoch deutlich aufholen.

Sind Schulen und Kindergärten geschlossen, müssen Kinder zuhause betreut und beim Lernen unterstützt werden. Das war im April und Mai eine große Herausforderung für Eltern, vor allem jene, die eigentlich arbeiten mussten. Wie sich deutsche Eltern diese Belastung aufgeteilt haben, wurde 2020 im Rahmen des Sozioökonomischen Panels (SOEP) erfragt. Dabei handelt es sich um eine groß angelegte Längsschnittstudie, an der jedes Jahr 20.000 Haushalte aus ganz Deutschland teilnehmen.

Väter steigern sich um mehr als 90 Prozent

Die Befragung brachte einige überraschende Ergebnisse. Zwar waren in Deutschland, wie auch in Österreich, die Mütter während des ersten Lockdowns stärker gefordert als die Väter. Sie betreuten ihre Kinder unter der Woche durchschnittlich fast zehn Stunden pro Tag, während Väter nur etwas mehr als fünf Stunden aufwandten. Aber der Coronavirus-Pandemie bedingte Anstieg bei der Betreuungszeit ist bei deutschen Müttern und Vätern fast gleich verteilt, sagt die Soziologin Michaela Kreyenfeld von der Hertie School of Governance in Berlin, die am SOEP beteiligt ist.

„Absolut gesehen war der Anstieg bei Müttern und Vätern gleich, aber relativ, da Väter von einem niedrigeren Niveau kommen, war der Anstieg für die Väter stärker“, so Kreyenfeld, die die Ergebnisse der Studie heute bei einer Online-Konferenz der Österreichischen Akademie der Wissenschaften präsentiert. Väter verbrachten im Schnitt zweieinhalb Stunden mehr pro Tag mit ihren Kindern, das entspricht einer Steigerung von fast 92 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Michaela Kreyenfeld wertet das als positive Entwicklung, Väter würden heute stärker in die Kinderbetreuung eingebunden.

Mehr Unterstützung während Kurzarbeit

Überraschend war, dass nicht die hochqualifizierten Männer, die als Vorreiter bei der Gleichstellung gelten, mehr Kinderbetreuung übernahmen. „Ganz im Gegenteil, das waren eher die niedriger qualifizierten Männer und die mittelqualifizierten Männer“, so Kreyenfeld. Man wisse aus anderen Studien, dass das auch jene Männer seien, die stärker von Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit betroffen waren. Kreyenfeld geht davon aus, dass Väter in Kurzarbeit bzw. arbeitslose Väter im April und Mai eher bereit waren, berufstätige Mütter zu entlasten.

Auch das sei, historisch betrachtet, nicht selbstverständlich. „Studien haben in den 1980er und 90er Jahren, aber auch noch Anfang der 2000er gezeigt, dass selbst wenn der Mann arbeitslos war, das noch lange nicht hieß, dass der sich um die Kinder kümmerte“, so die Soziologin.

Mütter arbeiten Vollzeit und mehr

Ein Ergebnis der Studie deckt sich mit Beobachtungen aus Österreich: Waren beide Elternteile während des ersten Lockdowns voll berufstätig, stieg die Belastung für die Mütter stärker an – sie verbrachten mehr Zeit mit Kinderbetreuung zusätzlich zu ihrer 40-Stunden-Woche als die Väter. Und auch das kennt man aus Österreich: In vielen Familien nahm die Unzufriedenheit während des ersten Lockdowns stark zu.

„Speziell bei bestimmten Familiengruppen, beispielsweise Alleinerziehenden, hat die Unzufriedenheit durch die Belastung sehr deutlich zugenommen“, so Kreyenfeld. Und besonders Familien mit kleinen Kindern im Kindergartenalter hätten besonders deutlich unter dieser Krise gelitten. Die Soziologin hofft, die Daten aus Deutschland schon bald mit Ergebnissen aus anderen europäischen Ländern vergleichen zu können. So könne man zeigen, welche familienpolitischen Maßnahmen auch in Zeiten der Krise und des Lockdowns positive Auswirkungen haben.