Nierentranplantation in Spanien
AFP/PIERRE-PHILIPPE MARCOU
AFP/PIERRE-PHILIPPE MARCOU
Organtransplantationen

Weniger Spenderorgane im Lockdown

Ausgelastete Intensivstationen, zu wenig Personal: Die Covid-19-Krise hat große Herausforderungen für das Gesundheitssystem mit sich gebracht – auch in der Transplantationsmedizin. Hinzu kommt: Die Zahl der Spenderorgane nahm während der Lockdowns merklich ab.

Es gibt viele Faktoren, die für eine Organtransplantation entscheidend sind: Die Patientinnen und Patienten müssen in einer Intensivstation versterben, sie müssen einen Hirntod aufweisen und die Organe müssen gesund sein. In der Pandemie sind weitere Faktoren hinzugekommen: Spender und Empfänger müssen symptomfrei sein, sie müssen negative Coronavirus-PCR-Tests aufweisen.

Trotz dieser Herausforderungen sind die Transplantationszahlen österreichweit im Vergleich zum Vorjahr nur leicht gesunken. Das habe auch mit den hohen Transplantationszahlen im Jänner und Februar 2020 vor dem ersten Lockdown zu tun, sagt Theresia Unger von Gesundheit Österreich. „Im März und April ist es dann zu einem klaren Einbruch gekommen und auch im Herbst sieht man wieder deutliche Rückgänge“, so Unger.

Weniger Organe, größere Vorsicht

Im Jänner und Februar 2020 gab es etwa 25 Organspenden pro Million Einwohner, im März und April weniger als neun. Das habe natürlich auch mit den Einschränkungen im öffentlichen Leben während des Lockdowns zu tun, sagt einer der österreichischen Transplantationskoordinatoren, Stephan Eschertzhuber vom Landeskrankenhaus Hall in Tirol. „Diese Einschränkungen gab es auch bei Sport und Freizeit und das hat natürlich auch zu einem Rückgang bei jenen Patientinnen und Patienten geführt, die sich so schwer verletzen oder erkranken, dass sie zum Organspender werden“, so Eschertzhuber.

Auch auf Empfängerseite musste die Transplantationsmedizin mit Beginn der Pandemie vorsichtiger agieren: Nach einer Organtransplantation muss für die Patienten ein Intensivbett zur Verfügung stehen. Wegen der Gabe von Immunsuppressiva, die dafür sorgen, dass das neue Organ nicht abgestoßen wird, ist das Immunsystem stark geschwächt und deswegen auch empfänglicher für eine schwere Covid-Erkrankung. „In Österreich konnten wir uns relativ schnell auf diese Herausforderung einstellen, in anderen Ländern wurden die Transplantationsprogramme jedoch stark eingeschränkt“, so der Intensivmediziner.

Starker Rückgang in anderen Ländern

Escherthuber nennt etwa das größte Lebertransplantationszentrum Großbritanniens in Birmingham, das sperrte im März komplett. Die Zahl der Nierentransplantationen sank in der Schweiz im vergangenen Jahr um 30 Prozent. In Österreich habe man nach den anfänglichen Unsicherheiten im Frühjahr schnell dazugelernt, bestätigt Udo Illievich vom Keplerklinikum Linz, wo ausschließlich Nierentransplantationen durchgeführt werden.

Die wurden im März noch komplett ausgesetzt. „Wir hatten sehr wohl Spender, konnten aber in den ersten Wochen des Lockdowns überhaupt keine Transplantationen durchführen, weil die Kapazitäten der Intensivstationen blockiert waren“, so Illievich. Wird eine Nierentransplantation verschoben, kann die Zwischenzeit mit Dialyse überbrückt werden – pro Jahr Dialyse verkürzt sich die Lebenserwartung allerdings um fünf Jahre. Lebensrettende Transplantationen wurden auch im vergangenen Jahr zu jedem Zeitpunkt durchgeführt, betonen die Koordinatoren.