Wasserfledermaus
APA/Wolfgang Buchhorn
APA/Wolfgang Buchhorn
Zoonosen

Wie die Klimaerwärmung Coronaviren hilft

Durch die Erderwärmung haben sich viele Lebensräume weltweit massiv verändert, auch jene chinesische Region, aus der Sars-CoV-2 vermutlich stammt. Eine Studie zeigt: Heute leben dort deutlich mehr Fledermäuse als noch vor hundert Jahren. Mit den Wirtstieren ist auch die Anzahl der potenziell gefährlichen Coronaviren gestiegen.

Dass Erreger von Tieren auf Menschen überspringen, ist alles andere als selten; etwa 60 Prozent aller bekannten Infektionskrankheiten sind tierischen Ursprungs. Und in jüngerer Vergangenheit nehmen solche Zoonosen sogar noch zu. Das kann verheerende Folgen für die gesamte Menschheit haben, wie die Sars-CoV-2-Pandemie gerade drastisch vor Augen führt.

Auch wenn der endgültige Übertragungsweg noch nicht geklärt ist, geht man heute davon aus, dass das Coronavirus von Fledermäusen stammt, so wie das schon bei Mers-CoV und Sars-CoV-1 der Fall war. Die fliegenden Säugetiere beherbergen Schätzungen zufolge etwa 3.000 verschiedene Coronaviren. Wie viele solche Viren es in einer Gegend gibt, hängt also stark davon ab, wie viele Fledermäuse dort leben.

Mit Viren im Gepäck

Werden es mehr, steige auch die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Erregern, die dem Menschen gefährlich werden können, schreiben die Forscherinnen und Forscher um Robert M. Beyer von der University of Cambridge in ihrer soeben im Fachjournal „Science of the Total Environment“ erschienenen Studie. Ihren Modellen zufolge ist das in den vergangenen hundert Jahren in Südchina tatsächlich passiert, genauer in der südlichen Provinz Yunnan. In dieser Gegend wird auch der Ursprung von Sars-CoV-2 vermutet.

Globale Zunahme von Fledermausarten
Robert Beyer et al.
Seit dem frühen 20. Jahrhundert hat die Vielfalt von Fledermäuse in manchen chinesischen Regionen stark zugenommen

Laut Beyer und Co. sind seit Beginn des 19. Jahrhunderts etwa 40 neue Fledermausarten in die Region eingewandert und mit ihnen vielleicht hunderte neue Coronaviren. Ähnliches gelte für benachbarte Gebiete in Myanmar und Laos. Die Ursache liegt in klimatischen Veränderungen. Mit Hilfe von Wetterdaten wie Temperatur, Niederschläge und Wolkenbedeckungen hat das Team eine globale Landkarte der Vegetation erstellt und so veranschaulicht, wie sich diese in rund hundert Jahren verändert hat.

Flora und Fauna ändern sich

Mit den Lebensräumen ändern sich auch seine tierischen Bewohner. Während die Vielfalt an vielen Orten schrumpft, nimmt sie mancherorts eben sogar zu. Im Yunnan finden viele Fledermäuse heute ideale Lebensbedingungen, so die Autoren. Durch die Erderwärmung wachsen in der ehemalig trockenen Steppe heute grüne Pflanzen und Bäume. So sei aus der Gegend ein „Hotspot“ für Fledermäuse und für Coronaviren geworden. Auch Schuppentiere – mögliche Zwischenwirte von Sars-CoV-2 – leben hier. Sie werden gejagt und wie die Fledermäuse illegal auf chinesischen Wildtiermärkten verkauft.

Das Ergebnis zeige einmal mehr, dass auch die Erderwärmung bei der Ausbreitung gefährlicher Erreger eine wichtige Rolle spielt, betonen die Forscher – ein weiteres Argument für die Reduktion der globalen Treibhausgase. Außerdem sollte man die Ausdehnung menschlicher Lebensräume wie Städte und Ackerlandschaften in die unberührte Natur dringend einbremsen, um so Kontakte zwischen Menschen und tierischen Krankheitsüberträgern möglichst zu vermeiden.