Künstlerische Darstellung von Viren
Feydzhet Shabanov – stock.adobe.com
Feydzhet Shabanov – stock.adobe.com

Schnupfenviren verdrängen Coronaviren

Wenn verschiedene Viren in menschlichen Zellen aufeinandertreffen, setzt sich meist nur eine Infektion durch. In diesem Wettstreit sind gewöhnliche Schnupfenviren stärker als SARS-CoV-2, zumindest bei Laborexperimenten. Einen dauerhaften Schutz vor Covid-19 liefern sie dennoch nicht.

Mit Grippe bekommt man selten einen Schnupfen und umgekehrt, zu diesem Schluss kam Pablo Murcia von der University of Glasgow nach der Analyse von mehr als 44.000 Erkältungskrankheiten in einer vor zwei Jahren publizierten Studie. Ob es auch zwischen Coronaviren und anderen Viren, die Atemwegserkrankungen auslösen, ähnliche Wechselwirkungen gibt, hat Murcia und sein Team nun für eine soeben im Fachblatt „The Journal of Infectious Diseases“ erschienene Studie untersucht.

Wettstreit in Zellen

Allerdings stand den Forschern dieses Mal für ihre Analyse kein umfassender Datensatz zur Verfügung, unter anderem, weil nach einem Jahr der sozialen Distanz Erkältungskrankheiten – abgesehen von Covid-19 – stark zurückgegangen sind. Daher musste man sich mit Laborexperimenten begnügen. Dabei untersuchten Murcia und seine Kollegen, was passiert, wenn SARS-CoV-2 und Rhinoviren in Zellen der Atemwege aufeinandertreffen.

Wenn beide zeitgleich auf die Zellkulturen trafen, setzten sich die Schnupfenviren durch. Aber auch wenn die Coronaviren einen Vorsprung von 24 Stunden erhielten, blieben die Rhinoviren siegreich, im umgekehrten Fall genauso. Gegenüber BBC News äußert sich Murcia begeistert: „Wenn Rhinoviren weit verbreitet sind, könnte das neue Infektionen mit SARS-CoV-2 verhindern.“

Weitere Experimente zeigten, dass die Rhinoviren in den Zellen eine Immunreaktion auslösen, die es den Coronaviren unmöglich machte, Kopien zu produzieren – also sich zu vermehren.

Nebenrolle in Verbreitung

Sobald der Schnupfen vorbei ist, steigt das Risiko einer SARS-CoV-2-Infektion natürlich wieder an, insofern kann dieser Effekt maximal eine Nebenrolle spielen, betont Murcia: „Impfungen, Hygienemaßnahmen und die Wechselwirkungen zwischen den Viren könnten gemeinsam die Inzidenz von CoV-Infektionen reduzieren, die größte Wirkung wird jedoch die Impfung haben.“

Wie sich die Interaktion zwischen den Viren in den kommenden kälteren Jahreszeiten – in denen Erkältungs- und Schnupfenviren üblicherweise grassieren – auf das gesamte Infektionsgeschehen auswirken wird, bleibt offen. Ziemlich sicher wird es das Coronavirus weiterhin geben, und die anderen Atemwegserkrankungen werden ebenfalls spürbar zurückkehren, nachdem die allgemeine Immunität durch die CoV-Pandemie vermutlich deutlich nachgelassen hat.