Miniroboter, der Zellen anhäuft
Douglas Blackiston
Douglas Blackiston
„Xenobots“

Miniroboter aus Froschzellen „pflanzen sich fort“

Vor zwei Jahren haben US-Forscher erstmals Roboter aus Froschzellen vorgestellt. Bei der Arbeit an den programmierbaren Miniorganismen ist nun wieder ein erstaunlicher Schritt gelungen: Sie vermehren sich, indem sie einzelne Zellen in ihrer Umgebung zu Haufen zusammenschieben, aus denen neue Exemplare entstehen.

Die kleinen Miniwesen seien weder traditionelle Roboter noch eine bekannte Tierart, sagte einer ihrer Erfinder, Josh Bongard von der University of Vermont, vor zwei Jahren gegenüber science.ORF.at: „Es handelt sich vielmehr um neuartige Artefakte: um lebendige, programmierbare Organismen.“ Mit den im Fachmagazin „PNAS“ vorgestellten neuartigen und etwas unheimlichen Kreaturen sorgte er und sein Team damals für einiges Aufsehen.

Zu Beginn wurden für die lebendigen Roboter, die tage- bis wochenlang ohne Nahrung überleben können, noch zwei Sorten von Zellen verwendet: Haut- und Herzmuskelzellen des Krallenfrosches Xenopus laevis. Daher wählten die Forscher auch die Bezeichnung „Xenobots“. Mittlerweile sind Froschstammzellen das Ausgangsmaterial. Diese differenzieren sich selbstständig aus und fügen sich zu einem kugelförmigen Körper zusammen. Auf der Außenseite entwickeln die Minikugeln kleine geißelförmige Fortsätze, sogenannte Zilien, mit denen sie sich in der Petrischale fortbewegen können.

Tiermaschinen, die vieles können

Im heurigen Frühjahr berichtete das Team im Fachjournal „Science Robotics“, dass die Zellkugeln mittlerweile um einiges mehr können, unter anderem sich nach Verletzungen regenerieren, Informationen im Kollektiv aufnehmen, indem sie die Farbe wechseln, und Partikel zu kleinen Haufen zusammenschieben.

Auf Basis dieser Fähigkeiten ist den US-Forschern nun ein weiterer erstaunlicher Fortschritt gelungen, den sie im Fachmagazin “PNAS“ präsentieren. Die beweglichen Miniorganismen können sich tatsächlich selbst vermehren, indem sie einzelne Froschzellen in der Umgebung zu Haufen zusammenschieben. Aus diesem Haufen entsteht ganz ohne äußeres Zutun innerhalb von fünf Tagen ein weiterer „Xenobot“. Wie Bongard und Co. in ihrer neuen Arbeit schreiben, vermehren sich Mehrzeller normalerweise nicht auf diese Weise. Das Verhalten erinnere eher an manche Moleküle.

links eine Simulation der Xenobots, rechts Xenobots in der Petrischale
Sam Kriegman and Douglas Blackiston
Links eine Simulation der Xenobots, rechts Xenobots in der Petrischale

Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz haben die Forscher versucht, den Fortpflanzungsprozess weiter zu optimieren, unter anderem indem sie anstelle der kugelförmigen „Xenobots“ andere Ausgangsformen verwendeten. In Zukunft könne man womöglich je nach Anwendung Schwärme in passender Form und Größe entwerfen, schreiben die Forscher. Dabei haben Bongard und Co. bereits ganz praktische Anwendungen im Kopf. Die Schwärme könnten etwa elektronische Reparaturarbeiten an Orten durchführen, die für Menschen oder herkömmliche Roboter unwirtlich oder schwer erreichbar sind: z.B. Kabel verbinden oder Schaltkreise schließen.

Generell seien eine ganze Reihe an Anwendungen denkbar, wie die „Xenobot“-Erfinder vor zwei Jahren bereits ausführten: zum Beispiel Mikroroboter, die durch die Blutbahn schwimmen und Medikamente abliefern, oder auch Schwärme, die Umweltschäden erkennen. Wie Bongard schon damals ergänzte, ließe sich ein Missbrauch einer solchen Technologie wohl nur mit klaren Vorschriften und gesetzlichen Regelungen verhindern.