Ein Sonnen-Halo
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Klimaerwärmung

Negativemissionen als Lösungsansatz

Die Welt steuert aktuell auf eine Erwärmung von drei Grad Celsius zu, wie der aktuelle Bericht des Weltklimarats (IPCC) zeigt. Um das zu verhindern, müssten die Emissionen spätestens ab 2025 stark sinken. Theoretisch erreicht werden könnte das durch Negativemissionen: Dabei wird bereits emittiertes CO2 wieder aus der Atmosphäre geholt.

Die CO2-Konzentration in der Atmosphäre erreicht immer neue Höchstwerte. Allein in der letzten Dekade sei CO2 in einer Größenordnung ausgestoßen worden, die dem noch verbleibenden CO2-Budget entspricht, erklärt IPCC-Autor Jan Christoph Minx vom Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change in Berlin. „Die kommende Dekade wird entscheidend sein für den globalen Klimaschutz.“

Bisherige Maßnahmen nicht ausreichend

Die vom IPCC vorgenommene Analyse der nationalen Klimaschutzbeiträge (NDC) zeige, dass diese unzureichend seien, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, berichtet IPCC-Autor Volker Krey vom Internationales Institut für angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg. „Und selbst das Erreichen des Zweigradziels wird sehr herausfordernd werden und den Druck auf künftige Generationen stark erhöhen.“

Die Szenarien würden mittlerweile von einer Temperaturüberschreitung ausgehen, noch offen sei derzeit, wie hoch diese Überschreitung ausfalle und wie schnell es anschließend wieder gelinge, das Klima „einzufangen“, sagt der Forscher. „Je größer diese Überschreitung, desto mehr Kohlenstoff müsste man dann wieder aus der Atmosphäre abscheiden und geologisch speichern.“

Wunderwaffe Negativemissionen?

Emissionen aus der Atmosphäre zu holen sei „unvermeidbar“, heißt es im Bericht. Nicht nur im beschriebenen Fall einer Temperaturüberschreitung, sondern auch um Aktivitäten auszugleichen, die sich nicht vollständig dekarbonisieren ließen, meint IPCC-Autor Keywan Riahi, der ebenfalls am IIASA forscht. „Vor allem im Landwirtschafts- und Industriesektor, aber auch in der Luftfahrt werden die Emissionen positiv bleiben.“ Ansätze zur Entnahme von Treibhausgasen aus der Atmosphäre werden Negativemissionen genannt.

Allein durch Aufforstung werden bereits heute bis zu drei Gigatonnen CO2 gebunden, berichtet der Forscher. Hier gebe es weiteres Potenzial, ebenso wie bei technologischen Lösungen. Kombiniert man beispielsweise Bioenergiegewinnung mit Kohlenstoffabscheidung, hätte das den Vorteil, dass sowohl Energie gewonnen als auch Treibhausgasemissionen reduziert würden. Eine aus ökonomischer Sicht gute Option, die aber auch mit Zielkonflikten einhergeht, meint Riha. Denn die dafür benötigten Anbauflächen stehen im Konflikt mit Biodiversitätsflächen und Flächen, die zur Nahrungsmittelerzeugung benötigt werden.

Ähnliches gelte für die direkte Entnahme von CO2 aus der Luft. Diese werde in Island bereits erprobt, erzählt der Forscher, habe aber den Nachteil, dass dafür Energie und auch große Flächen notwendig wären, wolle man diese Methode im großen Stil anwenden.

Klaffende Finanzierungslücke

Bis 2030 brauche es eine Verdrei- bis Versechsfachung der Klimainvestitionen, sagt IPCC-Autorin Silvie Kreibiehl. Noch immer fließe mehr Kapital in fossile Energien als in Klimaschutz und Klimawandelanpassungsmaßnahmen. „Eine der größten Barrieren bei der Umleitung der Kapitalflüsse ist die Unterschätzung der Risiken und eine absolut inadäquate Risikoanalyse.“ Sowohl die physischen Folgen des Klimawandels wie Überflutungen und Starkregen als auch die strukturellen Änderungen, die für eine klimaneutrale Welt notwendig sind, würden unterschätzt, meint die Klimafinanzierungsexpertin. Was sich beispielsweise an der weiterhin finanziell positiven Bewertung von Ölfeldern zeige.

Besonders von den fehlenden Investitionen betroffen seien Entwicklungsländer. „Man investiert tendenziell lieber in der Heimatregion als in fremden Regionen.“ Zudem wurde die Kreditwürdigkeit von Staaten im globalen Süden nicht zuletzt durch die Coronavirus-Pandemie abgewertet. Ratingagenturen bezweifeln, dass die Länder ihre Schulden bedienen können. Sie müssen, wenn sie sich Geld leihen, hohe Zinsen zahlen. Das mache es für Länder des globalen Südens zusätzlich schwer, Kapital zu akquirieren.