Detail der Probennahme im Bergwerk
Hans Reschreiter/NHMW
Hans Reschreiter/NHMW
Hallstätter Bergleute

Exkremente zeigen urzeitliche Parasiten

Die Analyse von 3.000 Jahre alten menschlichen Exkrementen hat einem Wiener Forschungsteam einen Einblick in die prähistorische Ernährung der Hallstätter Bergleute ermöglicht. Das Team konnte dabei auch die weltweit ersten Gensequenzen des menschlichen Spulwurms aus der Bronzezeit gewinnen.

Ein Forschungsteam der MedUni Wien, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und des Naturhistorischen Museums Wien (NHM Wien) wollte im Rahmen einer interdisziplinären Studie mehr über die Gesundheit der prähistorischen Bergleute in Hallstatt erfahren. Dazu untersuchten die Forscherinnen und Forscher urzeitliche menschliche Exkremente, die durch die besonderen Bedingungen in den Salzbergwerken bis heute konserviert wurden.

„Exkremente sind eine unglaublich spannende Informationsquelle über Dinge wie die Lebensqualität oder die Essgewohnheiten einer Person“, so Kerstin Kowarik vom Österreichischen Archäologischen Institut der ÖAW gegenüber science.ORF.at. Kowarik war Teil des Forschungsteams, das insgesamt 35 Exkremente aus den prähistorischen Salzbergwerken analysierte und die Ergebnisse aktuell im Journal „Nature Scientific Reports“ präsentiert.

Erste Gensequenzen prähistorischer Parasiten

Einige der Exkremente, die zwischen 3.300 und 2.500 Jahre alt sind, waren bereits Teil früherer Analysen, andere konnte das Wiener Forschungsteam erstmals genauer unter die Lupe nehmen. Früher habe man derartige Proben vor allem mikroskopisch untersucht. „Durch das Aufkommen neuer biomolekularer Analyseverfahren wie DNA- oder Proteinanalysen hat sich der Erkenntnishorizont aber enorm erweitert“, sagt Kowarik.

Probennahme im Bergwerk
Hans Reschreiter/NHMW
Probennahme im Bergwerk

Das Team untersuchte die Exkremente daher sowohl unter dem Mikroskop als auch mit moderneren Verfahren. Dass die Proben auch Parasiteneier beinhalten, war bereits aus früheren Untersuchungen bekannt. Mit den moderneren Verfahren gelang es, die weltweit ersten Gensequenzen des menschlichen Spulwurms aus der Bronzezeit zu gewinnen. Und auch insgesamt handelt es sich um die ersten Gensequenzen von prähistorischen Parasiten aus Österreich.

Hinweise auf zwei Wurmarten

Das erste vollständig sequenzierte Genom des Spulwurms aus der Bronzezeit ist laut Kowarik ein beeindruckender Fund – das Team wollte mit den moderneren Methoden aber eigentlich auch Hinweise darauf finden, welche anderen Parasiten in den Hallstätter Exkrementen enthalten sind. „Das Spannende ist, dass wir nichts Neues gefunden haben“, so Kowarik. Neben Spulwurmeiern fanden die Forscherinnen und Forscher auch Hinweise auf Peitschenwürmer, doch auch diese Parasiten waren schon aus vergangenen Untersuchungen bekannt.

400-fache Vergrößerung eines Spulwurmeis (Ascaris) aus der Bronzezeit (ca. 3200 Jahre alt).
ÖAW/Daniel Hinterramskogler
400-fache Vergrößerung eines Spulwurmeis (Ascaris) aus der Bronzezeit (ca. 3.200 Jahre alt)

Die Weibchen der beiden Wurmarten produzieren zehntausende Eier pro Tag, die mit dem Stuhl ausgeschieden werden, in wenigen Wochen heranreifen und vom nächsten Menschen oral aufgenommen werden, meist über verunreinigte Hände und Lebensmittel.

Unüblich wenige Parasitenarten

„Insgesamt war der Parasitenbefall in den Hallstätter Exkrementen so stark, wie es aus dieser Zeitperiode zu erwarten ist. Unüblich ist aber, dass wir nur zwei Parasitenarten finden konnten“, so Kowarik. Die geringe Vielfalt sei für diese Epoche sehr ungewöhnlich und erlaube einige Rückschlüsse auf die Koch- und Ernährungsgewohnheiten der prähistorischen Bergleute.

In den Hallstätter Exkrementen fehlen etwa jene Parasitenarten, die über den Konsum von nicht ausreichend erhitztem Fleisch und Fisch aufgenommen werden, wie beispielsweise der Schweine-, Rinder- und Fischbandwurm. Daraus konnte das Team schließen, dass entweder nur komplett gares Fleisch konsumiert wurde oder die gegessenen Tiere nicht mit diesen Parasiten infiziert waren. „In beiden Fällen stellen sich für uns die Fragen, wie das sein kann und was das für die Lebensqualität der Bergleute bedeutet“, so Kowarik. „Lange gekochte Eintöpfe in den Bergwerken könnten zum Teil dafür verantwortlich sein, aber dann ist immer noch unklar, was die Bergleute an der Oberfläche gegessen haben.“ Fragen, die es laut der prähistorischen Archäologin in weiterführenden Studien zu klären gilt.

In Zukunft wird es laut Kowarik verstärkt darum gehen, die Ergebnisse der Hallstätter Studie mit anderen Funden in Europa zu vergleichen, um die Lebensbedingungen, Ernährungsgewohnheiten, aber auch Mikrobiome in der Bronzezeit noch genauer zu erforschen.