Diabetes

Mehr Blutzucker – mehr Herz-Kreislauf-Probleme

Je niedriger der Langzeit-Blutzuckerwert (HbA1c), desto besser ist das laut einer neuen Studie für das Herz-Kreislauf-System von Diabetikern und Diabetikerinnen – sie erleiden seltener Herzinfarkte oder Schlaganfälle. Diese Tendenz gilt auch für Menschen knapp unterhalb der Grenzwerte zu Typ-2-Diabetes.

Die britische Herz-Stiftung hatte diese bisher größte wissenschaftliche Untersuchung zur Bestimmung der Unterschiede im Herz-Kreislauf-Risiko (Herzinfarkt, Schlaganfall etc.) für Männer und Frauen über das Spektrum der sogenannten HbA1c-Werte finanziert. Ein Team um den Epidemiologen Christopher Rentsch von der London School of Hygiene analysierte für die vor Kurzem in "The Lancet Regional Health/Europe“ erschienene Studie Daten von knapp 430.000 Erwachsenen aus der UK Biobank.

Die Grenzen der HbA1c-Werte

Es ging dabei um den Zusammenhang zwischen den HbA1c-Werten und der Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Zwischenfällen. Der HbA1c-Spiegel bezeichnet die Zuckerbelastung der roten Blutkörperchen. Er spiegelt die längerfristige Blutzuckerkonzentration abseits von kurzfristigen Veränderungen. Werte von unter 5,4 Prozent gelten als unter-normal, Werte von 5,4 bis 5,9 Prozent als normal. Für Prädiabetes, von dem in Österreich 350.000 Personen betroffen sein dürften, sind HbA1c-Pegel von sechs bis 6,5 Prozent charakteristisch. Ab 6,5 Prozent spricht man heute von Typ-2-Diabetes (in Österreich rund 800.000 Menschen).

Bei Frauen doppelt so hoher Effekt

Das Team um den Epidemiologen Christopher Rentsch von der London School of Hygiene ermittelte einen genauen Risikoverlauf für die Blutzuckerbelastung und die Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. In der Gruppe der Typ-2-Diabetiker (HbA1c größer 6,5 Prozent) hatten binnen zwölf Jahren Männer um 55 Prozent öfter einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall oder eine andere akute Herz-Kreislauf-Erkrankung als Probanden mit Normalwerten (5,4 bis 5,9 Prozent HbA1c). Bei den Frauen verdoppelte sich dieses Risiko sogar.

Doch auch schon bei Prädiabetes (HbA1c zwischen sechs und 6,5 Prozent) oder noch nicht diagnostizierter Zuckerkrankheit insgesamt war das Herz-Kreislauf-Risiko bei Männern um den Faktor 1,3 erhöht, bei Frauen um den Faktor 1,47.

Vor allem Frage des Lebensstils

Es ist allerdings sehr die Frage, ob der Blutzucker allein die Verbindung zu der größeren Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Ereignissen darstellt oder ob er nicht eher auf einen generell ungesünderen Lebensstil bei Menschen mit einem höheren HbA1c hindeutet. Bereinigten die Statistiker in der Studie die Resultate nämlich um Lebensstilfaktoren wie Adipositas (BMI größer 30), die Einnahme von Blutdruck senkenden Medikamenten oder von Cholesterinsenkern, blieb bei Männern mit Diabetes nur noch eine Zunahme des Herz-Kreislauf-Risikos von sechs Prozent und bei Frauen von 17 Prozent bei einem HbA1c-Wert von mehr als 6,5 Prozent übrig.

"Das übermäßige Risiko bei Männern und Frauen (für Herz-Kreislauf-Erkrankungen; Anm.) konnte größtenteils durch modifizierbare Faktoren erklärt werden“, heißt es in der Studie. „Man könnte das durch mehr Engagement für Abnehmen und eine bessere Medikation gegen Bluthochdruck und mehr Verwendung von Statinen (Cholesterinsenker; Anm.) verbessern.“ Auf diese Weise ließen sich womöglich auch die Unterschiede zwischen Männern und Frauen ausgleichen.