Eisbären, Hudson Bay
Polar Bears International-poster
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Eisbären von Hungertod bedroht

Das Meereis in der Arktis geht aufgrund der Klimaerwärmung immer mehr zurück. Eisbären können sich wahrscheinlich nicht an längere eisfreie Sommer anpassen – und sind zunehmend vom Hungertod bedroht. Das zeigt eine neue Studie, für die 20 Eisbären während der Sommermonate beobachtet wurden.

Mit GPS-Trackern und an Halsbändern befestigten Kameras dokumentierte ein Forschungsteam das Leben der 20 Eisbären in der Hudson Bay, einem über 1,23 Millionen Quadratkilometer großem Nebenmeer im Nordosten Kanadas. Zwischen dem späten Frühjahr und dem Frühsommer jagen die Tiere dort vom Meereis aus Robben. Danach, im eisfreien Sommer, fasten sie oder fressen Pflanzen – und teilweise auch Tierkadaver – an Land.

In der Hudson Bay hat sich die eisfreie Zeit von 1979 bis 2015 um drei Wochen verlängert. Mehr Zeit an Land erhöht aber das Risiko für Eisbären zu verhungern – trotz ihrer Fähigkeit, ihre Ernährung und ihr Jagd- und Futtersuchverhalten anzupassen, heißt es in der Studie der Washington State University, die nun im Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlicht wurde.

Jeden Tag ein Kilo weniger

Von 2019 bis 2022 beobachtete das Forschungsteam um den Biologen Anthony Pagano den täglichen Energieverbrauch, Veränderungen der Körpermasse, Ernährung, Verhalten und Bewegung der Tiere während der eisfreien Zeit von August bis September. Die Bären wurden zudem vor und nach dem Beobachtungszeitraum gewogen. So ließ sich dokumentieren, was die Tiere aßen und taten, wenn ihre bevorzugte Beute, die Robben, außer Reichweite war.

Eisbär, Hudson Bay
David McGeachy
Einige Eisbären suchten an Land nach Nahrung…

Es zeigte sich, dass die Eisbären unterschiedliche Strategien wählten: Viele ruhten sich einfach aus, um Energie zu sparen, und verbrauchten dabei ähnlich viele Kalorien wie im Winterschlaf. Andere suchten am Land nach Nahrung und fraßen Vogelkadaver, Beeren, Seetang und Gräser. Drei Eisbären schwammen lange Strecken – einer sogar 175 Kilometer – durch die Bucht um Nahrung zu suchen. Zwei von ihnen fanden Kadaver im Wasser, einen Beluga und eine Robbe. Es gelang ihnen aber nicht, diese Funde während des Schwimmens zu fressen oder an Land zu transportieren.

Eisbär, Hudson Bay
USGS
…und einige im Wasser

Fast alle Tiere verloren schnell an Gewicht – im Durchschnitt etwa ein Kilogramm pro Tag. Nur einer der 20 Bären nahm an Gewicht zu: Er hatte an Land den Kadaver eines Meeressäugers gefunden.

Keine Strategie kann Überleben sichern

„Keine der Strategien wird es den Eisbären ermöglichen, über eine bestimmte Zeit hinaus an Land zu überleben. Selbst die Bären, die auf Nahrungssuche waren, verloren im gleichen Maße an Körpergewicht wie die, die sich ausruhten“, so Koautor Charles Robbins, Biologe und Direktor des Washington State University Bear Center in einer Aussendung der Universität.

Alarmierende Studie: Eisbären droht Hungertod

Ein Forschungsteam hat im kanadischen Hudson Bay 20 Eisbären mit Kameras um den Hals ausgestattet, um ihr Leben während der eisfreien Zeit zu dokumentieren. Die Studie ergab, dass die Tiere auch an Land auf Futtersuche gehen, dabei aber weniger erfolgreich sind und deutlich an Gewicht verlieren.

„Die Nahrung an Land verschaffte den Tieren zwar einen gewissen Vorteil, aber letztlich mussten die Bären mehr Energie aufwenden, um an diese Ressourcen heranzukommen“, so Pagano in der Aussendung. Ausgewachsene männliche Eisbären können bis zu drei Meter lang werden und bis zu etwa 680 Kilogramm wiegen. Um diese große Masse zu behalten, sind die Tiere auf das kalorienreiche Fett von Robben angewiesen, die sie am leichtesten vom Eis aus fangen können.

„Weil die Eisbären immer früher an Land gehen müssen, wird der Zeitraum kürzer, in dem sie normalerweise den Großteil der zum Überleben benötigten Energie aufnehmen“, so Pagano. Es sei zu erwarten, dass die Zahl an verhungerten Eisbären zunehmen werde, insbesondere bei Jungtieren und Weibchen mit Jungen.

Arktisches Eis schmilzt rasant

In der westlichen Hudson Bay wirkt sich die Klimaerwärmung wahrscheinlich schneller auf die Bären aus als in anderen Regionen der Arktis. Die Eisbärenpopulation in diesem Gebiet ist seit 1987 bereits um schätzungsweise 30 Prozent zurückgegangen. Die aktuelle Studie zeigt, dass Eisbären in der gesamten Arktis vom Verhungern bedroht sind, weil die eisfreie Zeit immer länger wird.

Die Polarregion erlebte einem Bericht der US-Klimabehörde NOAA zufolge im vergangenen Jahr ihren wärmsten Sommer seit Beginn der Messungen. Die Landtemperaturen im Sommer seien die höchsten je in der Erdregion um den Nordpol gemessenen gewesen. Das Eis in der Arktis schmilzt schneller, als bisherige Prognosen nahelegen. Wie eine Studie aus dem Vorjahr zeigt, könnte der arktische Ozean schon in wenigen Jahren zumindest in den Sommermonaten eisfrei sein.