Eine Hand halt eine Zigarette
APA/ZB/Jens Kalaene
APA/ZB/Jens Kalaene
Gestörte Abwehr

Rauchen schadet Immunsystem nachhaltig

Wie gut der Körper Krankheitserreger abwehrt, hängt unter anderem auch vom Verhalten der jeweiligen Person ab. Neue Studiendaten aus Frankreich zeigen, dass etwa das Rauchen von Zigaretten das Immunsystem nachhaltig verändert und Entzündungsreaktionen verstärkt. Ein paar negative Folgen bleiben auch nach dem Rauchstopp jahrelang bestehen.

Das Alter, die genetische Veranlagung und das Geschlecht einer Person haben großen Einfluss auf ihr Immunsystem. Auch der Lebensstil und äußere Faktoren können sich aber auf die Wirksamkeit interner Abwehrreaktionen auswirken – warum das so ist, ist auf zellulärer Ebene in vielen Fällen aber noch nicht im Detail geklärt.

Ein Forschungsteam um die Genetikerin Violaine Saint-André und den Immunologen Darragh Duffy vom Institut „Pasteur“ in Paris analysierte nun Blutproben von Tausend gesunden Menschen, um mehr über die für das Immunsystem relevanten äußeren Einflüsse herauszufinden. Das Ergebnis der Untersuchung präsentieren die Forscherinnen und Forscher aktuell im Fachjournal „Nature“.

Krankheiten simuliert

Zugriff auf die umfangreichen Probenmenge hatte das Team im Rahmen des laufenden “Milieu Intérieur“-Projekts, in dem den 1.000 Probandinnen und Probanden neben der Entnahme von Blut auch etliche Fragen über ihren Lebensstil gestellt wurden.

Die Forscherinnen und Forscher identifizierten rund 140 Variablen äußerer Einflüsse, die das Immunsystem theoretisch verändern könnten – darunter etwa das Körpergewicht oder der Konsum bestimmter Lebens- und Suchtmittel. Außerdem simulierten sie in den Proben zwölf unterschiedliche Krankheitserreger, um im Blut Abwehrreaktionen in die Wege zu leiten und diese anschließend unter Berücksichtigung der zuvor erhobenen Variablen zu analysieren.

Veränderte Zytokinwerte

Wenn Krankheitserreger in den menschlichen Körper gelangen, stößt er Zytokine aus. Diese Moleküle senden dann Signale an Immunzellen und koordinieren so wichtige Abwehrreaktionen.

Neben dem Alter und dem Geschlecht der Probandinnen und Probanden hatten drei Faktoren einen besonders großen Einfluss auf ihre Zytokinwerte und die damit verbundenen Immunantworten. „Das ist einerseits ihr Körpergewicht bzw. der Body-Mass-Index (BMI), andererseits eine Infektion mit einem verbreiteten Herpesvirus (Cytomegalovirus) und vor allem aber auch das Rauchen von Zigaretten“, sagte Duffy bei einer Präsentation der Erkenntnisse vor Journalistinnen und Journalisten. Das Rauchverhalten hatte ebenso großen Einfluss auf das Immunsystem der Probandinnen und Probanden wie ihr Alter oder ihre genetische Veranlagung.

Gestörte Abwehrreaktionen

Bei den Raucherinnen und Rauchern kam es laut dem Forschungsteam zu stärkeren Entzündungsreaktionen, was auf erhöhte Mengen der dafür verantwortlichen Zytokine zurückzuführen war. „Es kommt bei Rauchern also meist zu stärkeren Symptomen und auch eher zu Komplikationen, wenn ihr Körper gegen Bakterien oder Viren vorgeht“, erklärte Duffy.

Gleichzeitig wiesen die rauchenden Testpersonen aber auch geringere Aktivitäten im Bereich der DNA-Methylierung auf, bei der es sich um chemische Abänderungen der Grundbausteine einer Zelle handelt. Das führte zu gestörten Werten anderer Zytokine – etwa jener Moleküle, die für die Immunantwort wichtige T-Zellen anregen. Das Immunsystem der rauchenden Probandinnen und Probanden konnte so weniger effektiv gegen konkrete Krankheitserreger vorgehen.

Langfristige Schäden

Manche Folgen des Rauchens normalisieren sich laut der Studie mit der Zeit wieder, wenn die Probandinnen und Probanden auf den Konsum von Zigaretten verzichteten – etwa die verstärkten Entzündungsreaktionen. Andere zelluläre Veränderungen wie die gestörte Ausschüttung der T-Zellen-anregenden Moleküle bleiben laut Duffy aber sogar noch viele Jahre nach einem Rauchstopp bestehen.

Die Forscherinnen und Forscher fanden auch klare Zusammenhänge zwischen der Menge an gerauchten Zigaretten und den negativen Effekten – je mehr Tabak von den Probandinnen und Probanden täglich konsumiert wurde, desto stärker waren auch die beobachteten Veränderungen im Immunsystem. Die Anzahl der Jahre, in denen sie bis zum Untersuchungszeitpunkt rauchten, war ebenso relevant. „Am besten also nie mit dem Rauchen anfangen“, so Duffy. „Und wenn doch, sollte man möglichst schnell wieder damit aufhören, um dem Körper auch langfristig nicht zu sehr zu schaden.“

Die Erkenntnisse aus der Untersuchung sollen zu einem besseren Verständnis darüber beitragen, welche äußeren Faktoren die Entstehung von Infektionen, aber auch von Krebs- und Autoimmunerkrankungen begünstigen und welche internen Vorgänge dafür verantwortlich sind. In weiterer Folge könnte das laut Duffy auch zur Entwicklung effektiverer Medikamente und Impfungen beitragen.