Illustration des Preises „Das Goldene Brett vorm Kopf“
„Auszeichnung“

„Goldenes Brett vorm Kopf“ geht an Politologin Guerot

Das „Goldene Brett vorm Kopf“ – der „Negativpreis für den größten wissenschaftlichen Unfug des Jahres“ – geht heuer an die deutsche Politologin Ulrike Guerot. Sie habe sich „zu einer Leitfigur der Verschwörungstheoretiker-Szene“ entwickelt, heißt es in der Begründung – und wurde dafür am Donnerstagabend in Wien „ausgezeichnet“.

Insgesamt gingen auch heuer Hunderte Nominierungen bei der Gesellschaft für kritisches Denken (GkD), die das “Goldene Brett vorm Kopf“ im Namen der Gesellschaft zur Wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) vergeben, ein. Auf dieser Basis wurde in der Folge die „Shortlist“ aus drei Namen von einer Jury nominiert – neben Guerot auch ServusTV-Intendant Ferdinand Wegscheider und der deutsche Finanzwissenschaftler Stefan Homburg.

Antiwissenschaftliches Weltbild

Auf den ersten Blick würde Ulrike Guerots Arbeit „harmlos und sinnvoll erscheinen“, wenn sie etwa für „Corona-Aussöhnung“ plädiere, so die Auszeichnungsinitiatoren. Dahinter verberge sich bei genauerem Hinsehen jedoch „ein verschwörungstheoretisch-antiwissenschaftliches Weltbild. Daten werden selektiv ausgewählt, Statistiken werden falsch dargestellt, trotz klarer Widerlegung bleibt eine Korrektur aus. Man stößt bei Guerot auf die wissenschaftlich falsche Vorstellung, man könne mit ‚Yoga und Spiritualität‘ das ‚Immunsystem stärken‘ und so auf Corona-Maßnahmen verzichten“, heißt es.

Manchmal würden ihre Slogans auch bedrohlich klingen, etwa wenn man sich um Leute wie Anthony Fauci und Bill Gates „kümmern“ und „die dunklen Gestalten von Pfizer und Co“ „nicht entkommen“ lassen solle.

Fangemeinde unter Querdenkern

Auch durch Aussagen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hat die Politikwissenschafterin, die immer wieder in TV-Talkshows auftritt und eine wachsende „Fangemeinde in der Querdenkerszene“ hinter sich vereint, aufhorchen lassen. „Wer hier wen angegriffen hat, wird kurzerhand umgedreht“, so die Skeptiker.

Die Universität Bonn, wo Guerot eine Professur für Europapolitik innehatte, hat ihr Anfang des Jahres wegen eines Plagiatsvorwurfs – noch nicht rechtskräftig – gekündigt. Zuvor war Guerot an der Donau-Universität Krems tätig, wo sie das Department für Europapolitik und Demokratieforschung leitete.

Guerots Standpunkte müsse man in Abhängigkeit zu ihrer Position im Wissenschaftssystem beurteilen. Sie trage „eigentlich die Verpflichtung, besonders sorgfältig mit Fakten umzugehen. Aus akademischer Macht folgt akademische Verantwortung: Ihre Stellung als Professorin verleiht ihren Thesen besonderes Gewicht, daher muss sie sich auch einen besonders kritischen Blick gefallen lassen“, so die Jury in einer Aussendung.

Lebenswerk-Preis für Daniele Ganser

Neben der Politologin kommt auch der Schweizer Publizist Daniele Ganser zu fragwürdigen Ehren: Der „Star der Verschwörungstheoretiker-Szene, mit Kontakten tief hinein in die Esoterik-Community“ wird heuer mit dem „Goldenen Brett fürs Lebenswerk“ bedacht. Für die Organisatoren des Preises rutschte dieser „Schritt für Schritt ins Milieu der Verschwörungstheorien ab: Dunkle Machenschaften vermutete er hinter den Terroranschlägen vom 11. September; hinter vielen Übeln der Welt – einschließlich dem Ukraine-Krieg – stecken aus seiner Sicht ‚westliche‘ Mächte. Oft bleibt Ganser dabei bewusst vage: Er ‚stellt nur Fragen‘, er empfiehlt bloß bestimmte Medien – etwa ‚Russia Today‘ oder ‚KenFM‘, während er von öffentlich-rechtlichen Sendern abrät“.