die US-Volkswirtin Claudia Goldin
AP/Josh Reynolds
AP/Josh Reynolds

Für Forschung zu Gleichstellung auf Arbeitsmarkt

Der „Nobelpreis“ für Wirtschaftswissenschaften geht in diesem Jahr an die US-Volkswirtin Claudia Goldin. Die Harvard-Professorin wird „für ihre Forschung zu Frauen auf dem Arbeitsmarkt ausgezeichnet“, wie die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften am Montag in Stockholm mitteilte.

Die 77-jährige Goldin erhält die prestigeträchtige Auszeichnung dafür, das Verständnis verbessert zu haben, welche Rolle Frauen auf dem Arbeitsmarkt spielen, so der Generalsekretär der Akademie, Hans Ellegren.

Ihre Forschung habe die Ursachen des Wandels der Rollen von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt „sowie die Hauptursachen für die verbleibenden geschlechtsspezifischen Unterschiede“ aufgezeigt, erklärte das Nobelpreiskomitee. Die Jury hob hervor, dass Goldins Arbeit „die erste umfassende Darstellung des Verdienstes und der Arbeitsmarktbeteiligung von Frauen über die Jahrhunderte hinweg darstellt“.

Die Ökonomin forscht an historischen Daten der vergangenen 200 Jahre für den US-Markt und wies unter anderem nach, dass Wirtschaftsaufschwung nicht automatisch zu mehr Frauenbeschäftigung führt. Auch die Löhne von Frauen sind nicht kontinuierlich gestiegen.

„Eine Detektivin“

Das Komitee hob hervor, dass weltweit etwa 50 Prozent der Frauen auf dem Arbeitsmarkt vertreten sind, verglichen mit 80 Prozent der Männer. Zugleich verdienen Frauen weniger und erreichen seltener die Spitze der Karriereleiter. Goldin „hat etwas untersucht, was viele Menschen – zum Beispiel viele Historiker – vorher einfach nicht untersucht haben, weil sie nicht glaubten, dass diese Daten existieren“, sagte Randi Hjalmarsson, Mitglied des Nobelkomitees. Sie nannte Goldin „eine Detektivin“.

Des Weiteren habe Goldins Arbeit gezeigt, dass der „Zugang zur Antibabypille“ eine wichtige Rolle bei der Beschleunigung des Anstiegs des Bildungsniveaus im 20. Jahrhundert gespielt habe, erklärten die Juroren. Heute bestehe „der größte Teil der Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen im gleichen Beruf“ – und entstehe mit der Geburt des ersten Kindes, führten sie aus.

Nobelpreis für Wirtschaft an US-Professorin Goldin

Der Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften geht heuer an die Harvard-Professorin Claudia Goldin. Sie wird „für ihre Forschung zu Frauen auf dem Arbeitsmarkt ausgezeichnet“, wie die Königlich Schwedische Akademie der Wissenschaften in Stockholm mitteilte.

Wirtschaftswissenschaften ist nach wie vor die Nobelpreiskategorie mit den wenigsten weiblichen Ausgezeichneten. Goldin ist erst die dritte Frau, die den „Wirtschaftsnobelpreis“ erhält. Erstmals gewann mit Elinor Ostrom 2009 eine Frau, 2019 folgte die in Frankreich geborene Esther Duflo, die gemeinsam mit zwei Kollegen ausgezeichnet wurde.

Ergebnisse gelten „auch für Österreich“

Die Ökonomin Ulrike Famira-Mühlberger vom WIFO sieht die Auszeichnung als „sehr gute Entscheidung und Anerkennung von Ökonominnen im Bereich der Volkswirtschaft“. Goldin beschäftige sich seit Jahrzehnten mit den relevantesten Fragen – insbesondere woher die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen am Arbeitsmarkt komme.

„Sie hat einen wirtschaftshistorischen Blick“, so Famira-Mühlberger. Als einen Punkt hob die WIFO-Forscherin die Erkenntnis Goldins hervor, dass die besonders gute Bezahlung von jenen Jobs, die mit vielen Überstunden und Wochenendarbeit verbunden sind, die Ungleichheit zwischen Männern und Frauen – die immer noch die Familie managen müssen – zementiere.

Die Ergebnisse von Goldin, auch wenn sie an US-Zahlen erforscht wurden, gelten „zum allergrößten Teil“ auch für Österreich, sagt Famira-Mühlberger. Man könne sogar sagen, dass die von Goldin erforschten Themen in Österreich „noch drastischer“ seien als in den USA, weil der Einkommensunterschied zwischen Männern und Frauen größer, Teilzeit unter Frauen weiter verbreitet seien.

Auszeichnung 2022 für Forschung zu Finanzkrisen

Im Vorjahr wurden der Ex-US-Notenbankchef Ben Bernanke sowie die US-Ökonomen Douglas Diamond und Philip Dybvig für ihre Erforschung von Banken und Finanzkrisen geehrt. In den jüngsten fünf Jahren ging die prestigeträchtige Auszeichnung jedes Jahr an mehrere Personen, maximal drei Personen können ausgewählt werden.

Der korrekt „Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften“ genannte Preis wird zu den Nobelpreisen gezählt, obwohl er nicht von Alfred Nobel selbst, sondern von der Schwedischen Reichsbank gestiftet wurde. Und er wird auch nicht seit 1901, sondern erst seit 1969 vergeben. Der in Wien geborene Friedrich Hayek war 1974 bisher der einzige österreichische Preisträger in dieser Kategorie.

Physiknobelpreis 2023 an Ferenc Krausz

Die diesjährigen Auszeichnungen starteten am vergangenen Montag mit der Bekanntgabe des Nobelpreises für Medizin und Physiologie. Ausgezeichnet wurden die ungarische Biochemikerin Katalin Kariko und ihr US-Kollege Drew Weissman von der University of Pennsylvania, die beide maßgeblich an der Entwicklung von mRNA-Impfstoffen beteiligt waren – und somit auch an der erfolgreichen Bekämpfung von Covid-19.

Der Physiknobelpreis ging an den ungarisch-österreichischen Physiker Ferenc Krausz, seine Kollegin Anne L’Huillier und seinen Kollegen Pierre Agostini für ihre Pionierarbeiten zur Teilchenforschung und Attosekundenphysik. Mit dem Nobelpreis für Chemie wurden die drei in den USA tätigen Forscher Moungi G. Bawendi, Louis E. Brus und Alexej I. Jekimow „für die Entdeckung und Synthese von Quantenpunkten“ ausgezeichnet.

Links

Der Friedensnobelpreis ist der einzige Nobelpreis, der nicht in Stockholm, sondern in Oslo bekanntgegeben wird. Er wurde in diesem Jahr der inhaftierten iranischen Frauenrechtsaktivistin Narges Mohammadi zugesprochen. Der Literaturnobelpreis ging an den Norweger Jon Fosse. Überreicht werden die Nobelpreise am 10. Dezember, dem Todestag des Dynamiterfinders und Preisstifters Alfred Nobel (1833–1896). Dotiert sind die Auszeichnungen in diesem Jahr mit einem Preisgeld in Höhe von elf Millionen Schwedischen Kronen (rund 950.000 Euro) pro Kategorie. Das sind eine Million Kronen mehr als in den Vorjahren.